„Demandt hätte nicht bei jedem beliebigen Angebot den Verein verlassen“
In dieser Woche hat mit Sven Demandt ein neuer Cheftrainer seine Arbeit beim SV Wehen Wiesbaden aufgenommen. Daher habe ich mich mit Sascha Köppen unterhalten, der sich als stellvertretender Leiter von FuPa Niederrhein und freier Mitarbeiter der Rheinischen Post in Mönchengladbach hervorragend mit Demandts bisheriger Arbeit auskennt.
Sven Demandt war bei Borussia Mönchengladbach als Trainer zuerst zwei Jahre für die U19 und dann fünf Jahre für die U23 verantwortlich. Wie schwer fiel es den Verantwortlichen, ihn ziehen zu lassen?
Das fiel nicht nur dem Verein, sondern auch dem Trainer selbst sichtlich schwer. Und wer Sven Demandt kennt, der weiß, dass es keine Plattitüden waren, als er nach der Aufstiegsrunde sagte, dass er diesem überragenden Verein für alles danke und sicher nicht bei jedem beliebigen Angebot den Verein verlassen hätte. Für den Klub gab es eine doppelte Problematik. Zum einen war der Zeitpunkt für die Suche nach einem Nachfolger an der Schwelle zur Dritten Liga äußerst kritisch und auch der Zeitpunkt spät, zum anderen war der Klub von Demandts Arbeit überzeugt. Die Tatsache, dass nun mit André Schubert ein Trainer übernimmt, der mit Sven Demandt gemeinsam seinen Fußballlehrer gemacht hat, ist letztlich eine nette Anekdote.
War der knapp verpasste Aufstieg in die 3. Liga eine große Enttäuschung für den Verein oder kann man in Mönchengladbach auch mit der Regionalliga gut leben?
Eine Enttäuschung war das natürlich, vor allem für die vielen jungen Spieler, für die es fraglos ein tolles Abenteuer gewesen wäre, mindestens einmal im Monat vor ganz großer Kulisse zu spielen. Der Verein hat nach der ersten Enttäuschung auch Positives aus der Situation gezogen. So hat Amateurdirektor Roland Virkus gesagt, dass in der Dritten Liga irgendwann der Punkt gekommen wäre, an dem das Fußballspielen dem unbedingten Punkten hätte geopfert werden müssen, weil man die Liga ja dann doch halten will, wenn man einmal drin ist. Und wenn man realistisch ist, hat noch keine Zweite Mannschaft eine rundherum entspannte Drittliga-Saison ohne Abstiegssorgen absolviert. Und was die Ausbildungsqualität anbetrifft, so wird ja auch die UEFA Youth League eine neue Dimension darstellen, bei der die Borussen als Champions-League-Teilnehmer mitmischen dürfen.
In den letzten Jahren gab es auch bei Trainern einen gewissen Jugendtrend, beispielsweise wurde Thomas Tuchel mit 36 Cheftrainer in Mainz, Markus Weinzierl mit 37 in Augsburg, um nur zwei prominente Beispiele zu nennen. Mit 50 Jahren ist Demandt verhältnismäßig alt für seine erste Station als Profitrainer. Glaubst Du, dass für ihn noch mehr drin ist als 3. Liga?
Das denke ich auf jeden Fall. Sven Demandt hat einen bemerkenswerten Umgang mit jungen wie auch gestandeneren Spielern, findet immer den richtigen Ton. Das bestätigen einem auch die Spieler immer wieder. Die Entwicklung, die einige junge Spieler unter ihm gemacht haben, lässt sich ja heute in der Bundesliga etwa bei Julian Korb oder Tony Jantschke ablesen. Warum sollte er nicht selbst als Trainer in der Ersten oder Zweiten Liga arbeiten? Als die Düsseldorfer jüngst einen Trainer gesucht haben, so versicherte Demandt mir, soll es noch nicht einmal einen Kontakt gegeben haben, obwohl er dort als Spieler bis heute verehrt wird. Wenn das wirklich so ist, empfinde ich das fast als fahrlässig.
Gibt es einen bestimmten Spielstil, für den Demandt steht? Welche Art von Fußball können wir in Wiesbaden erwarten?
Im Großen und Ganzen war das 4-4-2-System der Gladbacher U23 ja sehr mit dem der Profis vergleichbar, allerdings mit dem Unterschied, dass es hier eher als in der Bundesliga echte Stürmer in vorderster Front gibt. Besonders ungehalten reagierte Demandt in einer Phase der abgelaufenen Saison, als die Borussen stets zwei Gegentore oder mehr kassierten. Das hat ihm selbst dann nicht gefallen, wenn dabei drei Zähler heraussprangen. Insgesamt legt er aber Wert auf ein gepflegtes Spiel, Ruhe am Ball und Minimierung der Fehlerquote. Vor allem aber gab es immer Spieler, bei denen man im Laufe der Saison eine Entwicklung sehen konnte.
Welche Talente haben während seiner Amtszeit den Sprung in die Bundesliga geschafft?
Wie oben schon einmal erwähnt trifft das vor allem auf Julian Korb zu, der ja gerade auch mit der Deutschen U21-Nationalmannschaft um die EM spielt. Aber auch Tony Jantschke, bei dem wohl niemand wirklich versteht, dass er noch immer nicht zum Aufgebot von Jogi Löw gehört, hat eine ganze Reihe von Spielen in der U23 absolviert, zu einem Zeitpunkt, als er sich eigentlich schon ausleihen lassen wollte. Doch auch Marc-André ter Stegen und Patrick Herrmann sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Jetzt drängen Spieler wie Mo Dahoud und Marvin Schulz nach oben, die sich ebenfalls in der U23 die Spielhärte für die Senioren holen. Läuft es bei ihnen wie bei den Vorgängern, wird auch hier der Übergang in die Bundesliga fließend verlaufen können.
Beim SVWW gab es in der Vergangenheit recht häufig Spielerverpflichtungen von Ex-Vereinen des jeweiligen Trainers, was aufgrund der vorhandenen Kenntnis um die Fähigkeiten der Spieler auch naheliegend ist. Gibt es bei Borussias U23 Spieler, für die die 1. oder 2. Liga vielleicht (noch) nicht erreichbar ist, die aber für den SVWW interessant sein könnten?
Das Problem ist da wie so oft, dass in einem so großen Klub natürlich sehr viele Spieler glauben, dass sie eigentlich schon reif für den großen Einsatz sind oder zumindest glauben, dass das zwangsläufig so kommen muss. Ob es da jetzt konkrete Kandidaten gibt, die für Wehen in Frage kommen könnten, ist sicherlich schwer zu sagen. Klar ist aber, dass aktuell dem einen externen Zugang drei Abgänge entgegen stehen, aber auch ein halbes Dutzend Spieler aus der U19 nachrücken wird. Es wird also sicher den einen oder anderen Spieler geben, der sich vielleicht verändern will, weil er seine Chancen begrenzt sieht. Ob das dann aber gerade die Spieler sind, die Sven Demandt gerne mitnehmen würde, ist die Frage.
Sascha, vielen Dank für das Gespräch!