Interview mit Peter Vollmann: „Als Trainer kann man es nicht allen recht machen“

Bisher fand die Berichterstattung und Kommentierung über den SV Wehen Wiesbaden in diesem kleinen Blog ausschließlich aus der Beobachterperspektive statt. Ab jetzt sollen aber auch die Protagonisten selbst zu Wort kommen.

Peter Vollmann (Foto: svww.de)
Peter Vollmann (Foto: svww.de)

Zum Auftakt haben wir uns mit Cheftrainer Peter Vollmann über anonyme Kommentierer im Internet und die Saisonvorbereitung unterhalten.

 

Herr Vollmann, zunächst vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview in einem Blog nehmen. Daher als erstes die Frage: Lesen Sie selbst regelmäßig oder gelegentlich Blogs im Internet?

Ich befasse mich weder mit Foren noch mit Blogs, weil ich zu der Überzeugung gekommen bin, dass man es als Trainer eh nicht allen recht machen kann und ich grundsätzlich kein Freund von zumeist anonymen Postings bin. Ich bin im Fan-Forum lange Zeit von einem User als Autist bezeichnet worden. Da unser Verein Menschen mit Behinderung unterstützt, ist es für mich ein Unding, dass eine Form der Behinderung in diesem Fall als Beleidigung gegen mich missbraucht wurde. Dagegen bin ich persönlich vorgegangen, denn ein nicht einfaches Schicksal wie eine Behinderung darf nicht als Beleidigung benutzt werden. Grundsätzlich sind wir als SVWW gegen jede Form von Beleidigung, Diskriminierung und Gewalt.

Verfolgen Sie generell die Berichterstattung über den SV Wehen Wiesbaden und Sie selbst, oder vermeiden Sie das eher?

Ich verfolge die mediale Berichterstattung über den Verein und bin daran sehr interessiert, lese dabei aber grundsätzlich keine Kommentare. Die Presseabteilung des Vereins hält mich außerdem immer auf dem Laufenden. Allerdings sollte man sich dadurch nicht von den eigentlichen Aufgaben ablenken lassen, was bei übermäßiger Beschäftigung mit externen Themen und Sichtweisen durchaus möglich wäre.

Sie gehen in Ihre zweite vollständige Saison mit dem SVWW. Von der Mannschaft, die Sie vor anderthalb Jahren übernommen haben, sind nur noch die drei Torhüter und sechs Feldspieler im Kader. Entspricht der Kader jetzt Ihren Vorstellungen oder sehen Sie noch größeren Änderungsbedarf?

Als ich zum SVWW gekommen bin, haben wir den Klassenerhalt geschafft und in der folgenden Spielzeit nach einem etwas holprigem Start mit zu vielen Unentschieden noch den siebten Platz erreicht. Wir haben jetzt erneut Korrekturen am Kader vorgenommen, so dass er insgesamt schon meinen Vorstellungen entspricht. Dies ist aber natürlich immer im Rahmen der zur Verfügung stehenden finanziellen Möglichkeiten zu sehen.

Sie kommen gerade mit Ihrer Mannschaft aus dem Trainingslager. Welchen Eindruck haben Sie nach den ersten drei Wochen der Vorbereitung?

Mein Eindruck ist grundsätzlich positiv. Die Spieler haben eine gute Mentalität und leisten überwiegend gute Trainingsarbeit. Da das Training sehr intensiv ist, sind die Spieler momentan stark regenerationsbedürftig. Mit den längerfristigen Ausfällen von für den engeren Stamm eingeplanten Spielern fehlen uns auf einigen Positionen momentan die Alternativen und somit haben wir auch im Training aktuell nicht die personellen Möglichkeiten, die man sich als Trainer wünscht.

Planen Sie eine neue taktische Grundordnung oder soll sich die Spielweise auf Basis der letzten Saison weiterentwickeln? Für welche Art von Fußball soll der SVWW idealerweise stehen?

Wir wollen vom System her wahlweise mit einer oder zwei Spitzen agieren. An dem 4–1–4-1 werden wir als Grundsystem festhalten, dies aber mit einer auf den Spielstand bezogenen Flexibilität, innerhalb derer wir dann auf zwei Spitzen umstellen können.

Kristallisiert sich schon langsam eine erste Elf heraus oder ist das, auch aufgrund einiger Verletzungen, noch nicht möglich?

Das Gute an unserem Kader ist, dass wir fast alle Positionen doppelt besetzt haben und da laufen die Zweikämpfe noch auf Hochtouren. Und auch nach dem Saisonstart werden wir mit Sicherheit noch die eine oder andere Veränderung vornehmen.

Gegen Ende der letzten Saison kam Markus Kolke zu einigen Einsätzen. Ist damit ein Zweikampf um die Nummer 1 eröffnet worden? Werden Sie sich vor Saisonbeginn auf einen Stammtorwart festlegen oder wird es zukünftig auch auf dieser Position Wechsel geben?

Man muss sich für einen Torwart entscheiden, der dann auch mit der nötigen Rückendeckung in die Spiele gehen kann. Es zeichnete sich bereits zum Ende der Vorsaison ab, dass es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Michael Gurski und Markus Kolke geben würde. Für die letztendliche Entscheidung darüber, wer sich in der Vorbereitung vielleicht minimal besser präsentiert hat, wird das Bauchgefühl ausschlaggebend sein.

Ist Julian Wießmeier für die Position im zentralen offensiven Mittelfeld gesetzt oder wer ist ansonsten noch für diese Rolle vorgesehen? Marco Christ? Oder wird es diese Position nicht mehr in der bisherigen Form geben?

Wenige Spieler sind bislang gesetzt. Wahrscheinlich wird sich die Startelf des ersten Spieltages bis zum dritten noch auf einigen Positionen verändern. Wir haben zwei Achter-Positionen, die vergleichbar mit der des Zehners sind. Mit Julian Wießmeier Marco Christ, Robert Müller und Nils-Ole Book haben wir mehrere Optionen für diese Positionen und können so auf Spielereignisse auch von der Bank her besser reagieren.

Zum Abschluss: Wo landet Ihre Mannschaft am Ende der Saison und welche Teams sind für Sie die Aufstiegsfavoriten?

Aufstiegsfavoriten sind vor allem die selbsternannten Favoriten, also in diesem Jahr RB Leipzig. Heidenheim, Chemnitz und Münster werden wieder eine gewichtige Rolle im Aufstiegsrennen spielen. Meistens kommt immer noch ein Überraschungsteam dazu, das könnte in diesem Jahr Saarbrücken sein, das sich ebenfalls gut verstärkt hat. Wir wollen uns weiter steigern und somit besser als auf Platz 7 die Saison beenden. Auch wenn wir einen großen Umbruch eingeleitet haben, bin ich optimistisch, dass wir dieses Ziel erreichen werden.

Herr Vollmann, herzlichen Dank für das Gespräch!

 

Update 19.07.: In der ursprünglichen Fassung enthielt die Antwort auf die erste Frage eine ungewollt missverständliche Passage, die nun abgeändert wurde.