Kienle, Hock – und dann?

Am Sonntag wurde Marc Kienle als Cheftrainer des SV Wehen Wiesbaden freigestellt. Kienle hatte im Oktober 2013 Peter Vollmann beerbt und galt zunächst als Hoffnungsträger, was wohl vor allem daran lag, dass er vom FC Bayern München abgeworben wurde, wo er bis dahin die U19 betreut hatte. Zuvor war er beim VfB Stuttgart ebenfalls im Nachwuchsbereich tätig gewesen. Mit Kienle wurde der befürchtete Absturz ins Mittelfeld gestoppt (nach einem sehr erfolgreichem Saisonstart unter Vollmann), aber das Spitzentrio setzte sich im Saisonverlauf immer weiter ab, sodass der am Ende erreichte vierte Platz besser aussieht als die Saisonleistung eigentlich war. Immerhin konnte man sich so doch noch für den DFB-Pokal qualifizieren, nachdem zuvor das Hessenpokal-Halbfinale bei den Offenbacher Kickers nach einer blamablen Leistung verloren ging.

Vor dieser Saison wurden zahlreiche neue Spieler verpflichtet, von denen die meisten bereits als Jugendspieler mit Kienle gearbeitet hatten. Einige gaben auch explizit an, wegen Kienle zum SVWW gekommen zu sein. Die meisten Verpflichtungen können durchaus als gelungen bezeichnet werden und das neu formierte Team startete ausgesprochen vielversprechend in die neue Saison. Nach fünf Spieltagen war der SVWW zum ersten Mal Tabellenführer, rutschte dann ab, aber kämpfte sich erneut an die Tabellenspitze. Nach dem 17. Spieltag war aber Schluss damit und die komplette Rückrunde hindurch dümpelte der SVWW auf den Plätzen 8 bis 10 herum. Nicht nur, dass die Aufstiegsplätze in weiter Ferne verschwanden, sondern vor allem auch die Art und Weise, wie die Mannschaft zuletzt auftrat, sorgten schließlich für die Trennung. Weder spielerisch noch taktisch war eine Entwicklung erkennbar und das ganze Team wirkte lust- und ideenlos. In diesem Trott könnte auch Regionalligist Hessen Kassel, in zwei Wochen Gegner im Hessenpokal-Halbfinale, zur unüberwindlichen Hürde werden, sodass die Vereinsführung nun die Reißleine zog. Ein doch recht heftiger Absturz für jemanden, der noch im Sommer als Wunschkandidat als Joachim Löws Co-Trainer der Nationalmannschaft galt (siehe dazu auch „Vor dem Spiel/Nach dem Spiel“ in der ersten Schwächephase der Saison).

In Kienles anderthalb Jahren beim SVWW bestritt seine Mannschaft 56 Ligaspiele, von denen 22 gewonnen und 21 verloren wurden, 13 gingen unentschieden aus.

Neuer Trainer bis zum Saisonende ist Christian Hock, der einst mit dem SV Wehen aus der Regionalliga in die Zweite Liga aufstieg und zwei Jahre später in der Abstiegssaison entlassen wurde. Seit Anfang 2013 ist er als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums zurück beim SVWW und trainiert außerdem die U19-Mannschaft (schon damals unkte ich, dass mit ihm und Feichtenbeiner zwei Interimstrainer für den Fall der Fälle bereit stünden). Die U19 wird vertretungsweise von Nils Döring betreut. Selbst im günstigsten Fall wird Hock aber nur eine Interimslösung bleiben, denn es wurde von allen Seiten deutlich gemacht, dass er im Sommer zurück ins NLZ und zur U19 gehen wird. Sportdirektor Michael Feichtenbeiner ist aktuell auf der Suche nach Kandidaten für den Cheftrainerposten, die Kaderplanung wird solange auf Eis gelegt.

Wer bzw. wie soll der neue Trainer denn werden? Feichtenbeiner selbst sagt im Interview mit dfb.de:

Der neue Trainer muss die Konkurrenzsituation permanent hoch halten, über die gesamte Saison positiven Druck ausüben und auf Formschwankungen reagieren. Dafür ist es wichtig, dass sich die Emotionalität des Trainers auf die Mannschaft überträgt.

Klarer Hinweis, dass man die allzu ruhige und sachliche Art Kienles sowie die immer gleichen Aufstellungen als Schwachpunkt ausgemacht hat.

Der WK bringt mit Markus von Ahlen, Michael Wiesinger und Stephan Schmidt schon mal ein paar Namen ins Gespräch, aber ich kann natürlich nicht abschätzen, wieviel da dran sein könnte. Wiesinger hat immerhin schon Erstligaerfahrung und entstammt dem „legendären“ 2011er-DFB-Trainerlehrgang. Interessant könnte meiner Meinung nach auch Achim Beierlorzer sein, der letztes Jahr als Jahrgangsbester den Trainerlehrgang abgeschlossen hat und aktuell interimsmäßig RB Leipzig trainiert, aber im Sommer wieder in den Nachwuchsbereich von RB zurückkehren soll. Wobei man ja nicht zwangsläufig nach den Jahrgangsbesten schielen sollte, wie Kollege Heinz Kamke schon vor einigen Jahren ausführte.

Ich persönlich würde ja nur zu gerne Lothar Matthäus die Chance geben zu beweisen, dass er nicht nur viel zu erzählen hat, sondern tatsächlich ein guter Trainer ist, aber realistischerweise hat er vermutlich kaum Interesse an der Dritten Liga. Außerdem war er seinerzeit ebenfalls Jahrgangsbester.