Herzschlagfinale
Nach den jüngsten deprimierenden Ergebnissen, wenn ich den SV Wehen Wiesbaden live auf einem Bildschirm sah, fiel es mir am Samstag nicht schwer, die Kiste auszulassen bzw. schnell wieder auszuschalten, und stattdessen das schöne Wetter am Meer zu genießen und mit meiner Tochter eine Sandburg zu bauen. Der Aberglaube funktionierte insoweit, als dass dem SVWW in Großaspach erstaunlicherweise der zweite Auswärtssieg der Saison gelang. Wie man so liest auch durchaus verdient, selbst wenn der siegbringende Elfmeter von Steven Ruprecht nur mit etwas Glück seinen Weg ins Tor fand.
Dieses 1:0 war allerdings auch zwingend notwendig, um die Chance auf den Ligaverbleib noch bis zum letzten Spieltag zu wahren, denn die direkten Konkurrenten Cottbus (in Erfurt) und Werder Bremen II (gegen die Stuttgarter Kickers) gewannen ihre Spiele ebenfalls jeweils 1:0, sodass sich auf den Plätzen 17 bis 19 rein gar nichts änderte. Der SVWW ist weiterhin Vorletzter, davor Bremen mit identischer Punktezahl und Tordifferenz, allerdings mit den mehr geschossenen Toren. Auf dem rettenden Platz über dem Strich steht Cottbus mit einem Zähler Vorsprung und nochmal zwei Punkte davor die Stuttgarter Kickers, die somit auch noch in Abstiegsgefahr sind. Der VfB Stuttgart II steht bereits seit letzter Woche als Absteiger fest.
Platz | Verein | S | U | N | Tore | Tordiff. | Punkte |
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16 | Stuttgarter Kickers | 11 | 10 | 16 | 38:51 | -13 | 43 |
17 | Energie Cottbus | 9 | 14 | 14 | 30:49 | -19 | 41 |
18 | Werder Bremen II | 10 | 10 | 17 | 40:55 | -15 | 40 |
19 | SV Wehen Wiesbaden | 8 | 16 | 13 | 32:47 | -15 | 40 |
20 | VfB Stuttgart II | 7 | 10 | 20 | 37:60 | -23 | 31 |
Klar ist also, dass der SVWW sein Schicksal am letzten Spieltag nicht in der eigenen Hand hat, sondern auf Patzer der Konkurrenz angewiesen sind, genauer: mindestens zwei der drei besser platzierten Mannschaften müssen „mitmachen“. Einen eigenen Sieg vorausgesetzt, muss der SVWW um ein Tor höher als Bremen gewinnen, Cottbus darf nicht gewinnen und die Kickers müssten verlieren, wobei auch hier die Tordifferenz ins Spiel käme. Theoretisch würde dem SVWW sogar ein Unentschieden genügen, falls Cottbus und Bremen beide verlören, aber mit dem Gedanken brauchen wir uns wohl nicht länger aufhalten.
Die entscheidenden Begegnungen sind:
- SVWW – VfB Stuttgart II: Gegen wen, wenn nicht den abgeschlagenen Tabellenletzten, kann ein deutlicher Sieg gelingen? Das Toreschießen ist bekanntlich das ganz große Problem und demzufolge gab es im gesamten Kalenderjahr 2016 noch keine Ligapartie mit mehr als einem Wehener Treffer, aber gegen den Absteiger müssen mindestens zwei Tore her.
- VfR Aalen – Werder Bremen II: Aalen, der Zweitligaabsteiger der letzten Saison, trudelt mit dem Ex-SVWW-Trainer Peter Vollmann seit geraumer Zeit so dahin und ist sicher froh, dass ein Spieltag vor Schluss mit 44 Punkten die Klasse gesichert ist. Völlig zerreißen werden sie sich wohl nicht mehr, aber vielleicht mit einer ordentlichen Leistung vor eigenem Publikum die Saison halbwegs versöhnlich beenden wollen. Bremen ist (knapp vor dem SVWW) das zweitschlechteste Auswärtsteam der Liga, ist aber in nahezu identischer Lage wie Wehen und muss gewinnen, natürlich so hoch wie möglich.
- Energie Cottbus – 1. FSV Mainz II: Cottbus kann mit einem Sieg aus eigener Kraft Platz 17 verteidigen, hat allerdings die schlechteste Heimbilanz aller Drittligisten. Mainz hat nach ganz starker Hinrunde in der zweiten Saisonhälfte deutlich nachgelassen und bis letzten Samstag acht Spiele hintereinander nicht gewonnen. Mit einem deutlichen 4:0 gegen Hansa Rostock wurde am vergangenen Wochenende der Klassenerhalt aber gesichert. Ob sich das Team von Sandro Schwarz in Cottbus gegen sicherlich leidenschaftlich kämpfende Gastgeber und ein frenetisches Publikum nochmal richtig reinhaut? Oder verkrampft Energie und Mainz spielt sogar befreit auf?
- Stuttgarter Kickers – Chemnitzer FC: Die Kickers waren lange Tabellenschlusslicht, haben sich aber aus dem Keller herausgearbeitet und hätten mit einem Unentschieden in Bremen schon den Sack zumachen können. Stattdessen benötigen sie noch einen Punkt gegen Chemnitz, die als Tabellensiebter formal der Favorit sind, aber für die es nur noch um die Frage geht, ob sie die Saison auf Platz 6, 7 oder 8 beenden.
Vermutlich werden am Samstag viele Besucher der Brita-Arena mehr auf ihre Smartphones als auf das Spielfeld starren, um die Ergebnisse der anderen Partien und die Live-Tabelle zu verfolgen. Nüchtern betrachtet schaut es aktuell nicht besonders gut aus. Es könnte durchaus passieren, dass der SVWW sein Heimspiel mehr oder weniger deutlich gewinnt, am Ende aber trotzdem nicht über Platz 18 oder 19 hinauskommt und in die Regionalliga absteigen muss. Der SVWW benötigt also ein kleines bis mittleres Fußballwunder. Aber gerade um diese Jahreszeit kommen solche Fußballwunder ja immer wieder mal vor.