Die Wehenschau (KW 27/2021)

Thomas Broich hat dem SV Wehen Wiesbaden ein tolles Los beschert, denn in der ersten DFB-Pokalrunde im August schaut niemand geringeres als Titelverteidiger Borussia Dortmund in der Brita-Arena vorbei. Damit schließen sich gleich mehrere Kreise. Am selben Ort trainierte der BVB kurz nach dem Pokalsieg im Mai, weil kurz danach die Bundesligapartie in Mainz anstand. Dortmund war auch die allererste Mannschaft, gegen die der SVWW anno 2007 in der neu errichteten Brita-Arena spielte, damals natürlich in Form eines Freundschaftsspiels. Diesmal ist es ein Pflichtspiel, bei dem die erste große bauliche Veränderung seit Eröffnung in Betrieb geht, nämlich die neue Westtribüne (zumindest fast – bereits eine Woche vorher kommt 1860 München zum Ligaspiel, die übrigens auch 2007 einer der ersten Gegner im neuen Stadion waren). Und dann ist da natürlich die Chance auf eine späte Revanche, denn der SV Wehen (damals noch ohne Wiesbaden) traf schon einmal im DFB-Pokal auf Borussia Dortmund. In der 2. Runde der Saison 2000/01 war das und Wehen als Regionalligist war ein mindestens ebenso krasser Außenseiter wie es diesmal der SVWW sein wird. Gespielt wurde im Mainzer Bruchwegstadion und erst in der Verlängerung konnte Heiko Herrlich das 1:0 für die Gäste erzielen – es sollte der einzige Treffer des Abends bleiben. Persönliche Randbemerkung: für mich war es das erste Mal, dass ich Wehen im Stadion gesehen habe (und bis heute sind etwa 250 weitere Spiele dazugekommen).

Vielleicht geht es ja auch diesmal in die Verlängerung und natürlich müsste dann Sascha Mockenhaupt den goldenen Treffer erzielen, denn für unseren Kapitän geht mit dem Spiel gegen seinen Herzensverein ein Kindheitstraum in Erfüllung. Mehmet Kurt wäre ebenfalls ein guter Kandidat für so eine Feelgood-Story, schließlich hat er in der Jugend beim BVB gespielt. Okay, das wäre vielleicht doch etwas zu kitschig und selbstverständlich sind die Chancen aufs Weiterkommen minimal, aber ab und zu gibt es ja tatsächlich die vielzitierten Pokalsensationen. Die Hoffnung darauf ist auch oft genug Anlass für die ARD bei der Wahl des Live-Spiels und da könnte die Begegnung SVWW gegen BVB durchaus Chancen haben, auch wenn es wohl eher auf den früheren Bundesliga-Klassiker 1. FC Kaiserslautern gegen Borussia Mönchengladbach hinauslaufen dürfte. Das „ARD-Spiel“ findet wohl am Montagabend statt, auch Sport1 darf eine Partie am Freitagabend übertragen und auf Sky gibt es wie üblich alle Spiele zu sehen.

Lieber als im Fernsehen möchten logischerweise viele Fans das Spiel im Stadion sehen. Wieviele Zuschauer zugelassen werden, steht aktuell noch nicht fest, aber da für die Bundesligen (oder den gesamten Profifußball inklusive 3. Liga?) gerade eine maximale Auslastung von 50% beschlossen wurde, könnte es auf etwa 5.500 hinauslaufen. Andererseits beginnen die Inzidenzwerte gerade wieder zu steigen, sodass auch deutlich weniger Zuschauer erlaubt werden könnten. Das sowie den genauen Termin werden wir frühestens nächste, eher übernächste Woche erfahren.

Genaue Termine gibt es immerhin für die ersten beiden Ligaspieltage. Zum Start beim SC Freiburg II darf der SVWW direkt mal montags ran, das erste Heimspiel gegen 1860 München findet samstags statt. Weitere Ansetzungen werden in Kürze folgen, da die DFL gerade für die Bundesliga die ersten sechs bzw. für die 2. Bundesliga die ersten acht Spieltage terminiert hat und nun auch die 3. Liga weiter planen kann.


Ob man sich allerdings überhaupt auf die neue Saison freuen kann, ist aktuell etwas zweifelhaft. Neue Spieler wurden seit letzter Woche nicht verpflichtet und der verletzungsgeplagte Kader ist weiterhin zu klein. Bei Korte haben sich die Befürchtungen bestätigt, er musste am Meniskus operiert werden und fällt laut WK etwa vier Monate aus – wenn man die in den letzten Jahren angekündigten mit den tatsächlichen Ausfallzeiten vergleicht, sollte man vor der Winterpause eher nicht mehr mit Korte rechnen. Beim Testspiel gegen Schweinfurt wurde auch Nilsson nach einer halben Stunde ausgewechselt, aber in diesem Fall soll es nichts ernstes sein. Die momentane Personalsituation ist aber so ernst, dass für die letzten zwanzig Minuten Ersatztorwart Stritzel als Feldspieler eingewechselt wurde, sowie mit Amin Farouk und Mathias Hille gerade regelmäßig zwei U19-Spieler zum Einsatz kommen, um überhaupt ein paar Wechseloptionen zu haben. Immerhin erzielte Farouk mit einem sehenswerten Treffer das Tor des Tages zum 1:0-Sieg.

Nun stehen zwei Testspiele gegen Erstligisten an. Am morgigen Samstag geht es zur Frankfurter Eintracht (Anstoß 16 Uhr), Zuschauer sind nicht zugelassen, dafür überträgt Sky Sport News (frei empfangbar). Ob die Partie bei Bayer Leverkusen am Mittwoch (Anstoß 17 Uhr) auch irgendwo zu sehen sein wird, ist noch nicht bekannt. [Update: Das Spiel wird bei Sport1 übertragen und dafür wohl auf 18 Uhr verschoben.]

Rüdiger Rehm wirkt angesichts des ihm zur Verfügung stehenden Kaders leicht frustriert. Mit Sicherheit werden bis Saisonstart (und möglicherweise auch danach) noch einige Spieler geholt, aber man muss sich wohl auf mühsame erste Wochen einstellen. Meine Hoffnung, mal direkt von Anfang an oben mitzuspielen, ist jedenfalls ziemlich geschwunden.

Ein Spieler, den der SVWW gerne verpflichten würde, ist einem Bericht des Magazins Voetbal International zufolge Thijmen Goppel, 24-jähriger Flügelstürmer vom niederländischen Zweitligisten Roda Kerkrade. Goppel würde auch gerne kommen, aber Roda möchte nicht von der festgeschriebenen Ablösesumme von 300.000 Euro abrücken, während der SVWW bisher nur 125.000 Euro angeboten hat. Angesichts des Umstands, dass der Vertrag nur noch eine Saison läuft und Goppel somit nächstes Jahr ablösefrei sein wird, wird man sich vielleicht doch noch einig, aber man sieht, dass es für Fernie und Schäfer gerade nicht ganz einfach ist.

Aus der U19 gibt es hingegen einen Abgang zu vermelden. Paul Sapper hatte offenbar keine Perspektive beim SVWW und wechselt zum TSV Schott Mainz in die Regionalliga.


Es gehört mittlerweile zum Standard, dass es nicht nur jede Saison eine komplett neue Trikotkollektion gibt, sondern dass die Vorstellung auch als Event in den sozialen Medien zelebriert wird. Gestern wurde um Punkt 12 Uhr das neue Heimtrikot vorgestellt, heute das neue Auswärtstrikot. Das Heimtrikot ist weiterhin schwarz und rot, aber nicht mehr gestreift, sondern flächig geteilt: auf der Rückseite mittig und auf der Vorderseite asymmetrisch, sodass sich rot und schwarz genau unter dem Wappen treffen. Das Auswärtstrikot kommt hingegen in ganz neuem Look daher: silbergrau mit hellblauen Akzenten – insbesondere die Wassertropfen im unteren Teil dürften wohl dem Hauptsponsor gewidmet sein. Die „textmarkergelbe“ Variante (nun ohne Camouflage-Look), die auch schon in den bisherigen Testspielen getragen wurde, wird zum Ausweichtrikot herabgestuft.

Gar nicht neu ist hingegen unser traditionelles Tippspiel, bei dem es möglicherweise am Ende der Saison auch wieder etwas zu gewinnen gibt – vielleicht ja sogar eins der schicken Trikots, mal sehen. Wir tippen natürlich wieder die Ergebnisse der 3. Liga, die Teilnahme ist für alle offen, also macht mit, wenn Ihr nicht schon dabei seid!


Eine kurze Ehemaligen-Meldung: Dominik Stroh-Engel, zuletzt mit Unterhaching aus der 3. Liga abgestiegen, ist zum FC Kufstein in die (vermutlich drittklassige) österreichische Regionalliga gewechselt.

Zum Abschluss noch eine Empfehlung, um die fußballarme Zeit zwischen Europameisterschaft und Ligastart (und olympischem Fußballturnier) zu überbrücken: die Doku „Schwarze Adler“ über schwarze DFB-Nationalspieler ist noch bis zum 17. Juli in der ZDF-Mediathek verfügbar.

Beitragsbild: Matthias Schlenger