Neue Saison, altes Leid
Da kommt man frisch erholt und gut gelaunt aus dem Urlaub zurück und wird im Büro gleich mal von einem Umzug überrascht: das alte Büro schon umgebaut und nicht mehr wieder zu erkennen, überall Umzugkisten, Staub und Chaos, kurz darauf das gleiche Spiel im neuen Gebäude. Dauert natürlich ein paar Tage, bis wieder alles angeschlossen und eingerichtet ist und man sich wieder orientiert hat.
Wie praktisch ist es da, wenn man Anhänger des SV Wehen Wiesbaden ist. Da ist es völlig egal, ob man ein paar Wochen das Land verlassen hat, denn bei der Rückkehr braucht man in der Tabelle nicht lange suchen, um seinen Verein zu finden. Die richtige Liga muss man zwar wissen, aber dann genügt der Blick nach ganz unten und schon kennt man sich wieder aus.
Aber bevor ich einen unangebracht optimistischen Ausblick auf die nächsten Spiele wage, eine kurze Zusammenfassung der letzten Wochen.
Seit meiner letzten Betrachtung des Kaders hat sich die noch offene Personalie Marcel Ziemer geklärt: er bleibt dem SVWW erhalten bzw. ist nun nach Wiesbaden gewechselt, nachdem er vorher ja nur vom 1. FCK ausgeliehen war. Da der SVWW eigentlich keine Ablöse zahlen wollte, es offiziell aber keinen Kommentar zu den Wechselmodalitäten gab, gehe ich mal davon aus, dass doch noch ein paar Hunderttausend Euro in die Pfalz geflossen sind.
Desweiteren haben ein paar der „Ausgemusterten“ zwischenzeitlich neue Vereine gefunden: Thomas Richter zieht’s nach Südafrika zu den Black Aces, Nikolaos Nakas zum SV Elversberg in die Regionalliga (und trifft dort unseren früheren Torwart Adnan Masic sowie Ex-Trainer Djuradj Vasic), Madi nach Portugal zu Uniao Leira, Erwin Koen zu Telstar in der zweiten niederländischen Liga und Bakary Diakité zum FSV Frankfurt.
Zu den Ergebnissen: Das Debüt in der dritten Liga misslang mit einem 1:2 bei Carl Zeiss Jena. War diese Niederlage noch eher unglücklich, gab’s dann im ersten Heimspiel gegen Dynamo Dresden gleich den ersten herben Dämpfer: 0:1 und, nach Augenzeugenberichten, eine sehr mäßige Darbietung unserer Mannschaft. Es folgte die erste Runde im DFB-Pokal gegen den Deutschen Meister VfL Wolfsburg und mit einem nicht sonderlich überraschenden 1:4 war es zugleich auch die letzte Runde für den SVWW. Immerhin bot das Team eine engagierte Leistung, wurde mir berichtet. Das nächste Auswärtsspiel führte zum Aufsteiger 1. FC Heidenheim ins schwäbische Niemandsland. Die Auswärtssupporter, die an der A7 die richtige Abfahrt gefunden haben, wurden mit dem ersten Saisonsieg (2:0) belohnt. Der völlige Fehlstart schien zunächst abgewendet.
So machte ich mich an einem Freitagabend auf, um das Heimspiel gegen den Wuppertaler SV Borussia (wie das Fusionsprodukt aus Wuppertaler SV und SV Borussia Wuppertal seit 2004 heißt) mitzuverfolgen. Ich war zwar erst einige Stunden vorher aus dem Urlaub zurückgekommen und hatte noch 10 Stunden Flugzeit sowie 9 Stunden Zeitverschiebung in den Knochen, war aber so ausgetrocknet was Live-Fußball angeht, dass mich die Aussicht auf einen Drittligakick problemlos bis zum Abend wach hielt. Da ich noch keine neue Dauerkarte gekauft habe (der Druck ist ja nicht allzu hoch, sehr viele ausverkaufte Spiele wird’s wohl nicht geben), ging’s also als erstes zum Kassenhäuschen. Dort die erste Überraschung: für „meinen“ Block N5 gab’s keine Tickets, da dieser überhaupt nicht geöffnet war. OK, dann rücken wir halt in N6 alle ein bisschen zusammen. Nach dem Eingang wie üblich den „SVWW-Kurier“ mitgenommen, aber halt, der kostet jetzt 50 Cent und ist dafür auch ein richtiges Heftchen. Ganz nett, aber zur Verarbeitung zu Papierschnipseln (z. B. für die seltenen Torjubel) eignet sich das jetzt nicht mehr so gut. Nächste kleine Überraschung: für Bratwurst und Bier musste ich tatsächlich kurz anstehen – und zwar weil nicht mehr alle Buden geöffnet waren. Drinnen dann erst mal den Jungs intensiv beim Aufwärmen zugeschaut, die ganzen Neuen muss man sich ja erstmal einprägen. Einen neuen Stadionsprecher gibt’s auch, da Kai Völkers Karriere in der dritten Liga wohl nicht voran kommt. Der neue heißt Lothar Pohl, ist Frontmann der „Crackers“ und hat gleich mal sein eigenes Fan-Liedchen mitgebracht. Das klingt… nun ja, wie halt so ziemlich alle „Vereinslieder“, die irgendwann mal gezielt einem Fußballverein „auf den Leib“ geschrieben wurden. Reden wir nicht weiter drüber.
Achja, Fußball gab’s auch, oder zumindest so was Ähnliches. An Zweikämpfen und Einsatzfreude mangelte es auf beiden Seiten nicht, das war schon mal ganz gut, aber spielerisch durfte man natürlich nicht unbedingt mehr erwarten als vorher in der zweiten Liga. „Spielaufbau“ ist meist gleichbedeutend mit „hoch und weit“, auch da muss sich der geneigte SVWW-Zuschauer nicht umgewöhnen. Nach torloser erster Hälfte ging Wuppertal im zweiten Durchgang in Führung, mitten hinein in einen hübschen Wechselgesang auf der Nordtribüne (nebenbei: auch 3.500 Leute können ganz ordentlich Stimmung machen). Dem Ausgleich durch Bohl folgte postwendend die erneute Führung für Wuppertal, schließlich noch das 1:3 und die Sache war erledigt. Das 2:3 durch Boskovic kurz vor Schluss war nur noch Ergebniskosmetik. So hatte ich mir mein erstes Saisonspiel sicher nicht vorgestellt.
Am gestrigen Sonntag stand das nächste Auswärtsspiel bei der zweiten Mannschaft des VfB Stuttgart auf dem Programm und für mich zeigte sich der größte Nachteil des Abstiegs aus der zweiten Liga: Premiere Sky überträgt leider nicht die Dritte. Da heißt es also „Ticker gucken“. Bisher habe ich noch nicht groß recherchiert, wo es vernünftige Drittligaticker gibt, und blieb deshalb zunächst mal bei kicker.de hängen, wo es allerdings nur die wichtigsten Spielereignisse zu sehen gibt. Diese reichten allerdings schon, denn plötzlich hatte ich gar keinen großen Bedarf nach Live-Bildern mehr. Die Highlights: 37. 1:0 Schipplock, 40. Rote Karte Glibo, 62. 2:0 Funk, 81. Gelbe Karte Hollmann, 90. Gelbrote Karte Hollmann, 90. 3:0 Funk. Zudem hat sich Thorsten Barg einen Kreuzbandriss zugezogen und fällt somit für die komplette Hinrunde aus. Gute Besserung von hier aus!
Kristjan Glibo ist mittlerweile für drei Spiele gesperrt worden. Zusammen mit Hollmanns Gelbrotsperre und Bargs Verletzung ist die Abwehr erst mal mächtig dezimiert. Immerhin ist Fabian Schönheim wieder gesund.
Wenn ich’s mir so recht überlege, lasse ich das mit dem optimistischen Ausblick für heute erst mal sein. Vielleicht fallen mir im Laufe der Woche noch ein paar triftige Gründe ein, warum die beiden kommenden Heimspiele innerhalb von 4 Tagen zwingend zu 6 Punkten für den SVWW führen müssen. Z. B. weil es gegen die (noch ungeschlagenen) Vereine auf Platz 1 und 2 geht? Oder weil die Vereinsleitung morgen Hans Werner Moser entlässt und Christian Hock zurückholt? Oder…?
Ojemine… das sieht ja fast schlimmer aus als letztes Jahr. Trtozdem willkommen zurück in der Heimat. Wann startet denn das Projekt 38 (oder was denkst Du braucht man so an Punkten für den Klassenerhalt)?
Da ja 20 Mannschaften in der Liga sind, werden 38 Punkte wohl nicht ausreichen. Letztes Jahr war der Strich bei 40 Punkten (plus Tordifferenz)
Vielleicht lautet die richtige Antwort ganz klassisch 42?