Europas große Sieger
Heute geht es – der aufmerksame Leser mag es schon an der Überschrift erkannt haben – nicht um den SV Wehen Wiesbaden, sondern um den FC Bayern München. Und noch dazu um ein Spiel, das schon ein Jahr zurückliegt, nämlich die Partie um den UEFA Super Cup in Prag – gerade noch rechtzeitig veröffentlicht, bevor sich der FCB nicht mehr „amtierender Super Cup Sieger“ nennen darf.
Normalerweise würde ich das hier nicht mehr aufwärmen, aber ich habe jetzt endlich mal die Fotos dieses Ausflugs veröffentlicht und möchte nicht einfach nur irgendwo einen Link hinrotzen, sondern bei der Gelegenheit auch noch ein paar Worte drumherum verlieren. Wer nur die Fotos anschauen möchte, kann ja gleich ans Ende des Beitrags scrollen.
An sich ist dieser UEFA Super Cup ja eher ein Wettbewerb aus der Kategorie Micky-Maus-Pokal, aber es gab ein paar Randbedingungen, die die Sache durchaus interessant machten und für den FC Bayern bekam das Spiel im Nachhinein noch eine außergewöhnliche große Bedeutung. Aber der Reihe nach.
Für mich persönlich war es ein kleines bisschen „Wiedergutmachung“, da ich nicht beim großen Champions-League-Triumph in Wembley, nun aber wenigstens bei diesem Bonus-Spiel dabei sein konnte. Schließlich durfte der FCB dort aufgrund des CL-Sieges antreten und die Mannschaft war ja auch noch nahezu identisch, sodass es sich eben ein wenig nach Fortsetzung anfühlte.
Ein besonderer Reiz lag natürlich darin, gegen Chelsea zu spielen, die ja bekanntlich im Jahr zuvor den Traum vom CL-Sieg in der eigenen Arena brutal zerstörten (was ich wiederum live vor Ort erleben durfte). Natürlich würde auch ein Sieg im Supercup nicht das Geringste an den Ereignissen von 2012 ändern, aber relativ kurz danach eine Gelegenheit zu einer kleinen Revanche zu bekommen, war schon eine nette Konstellation.
Hinzu kam, dass beide Teams just vor der Saison neue Trainer bekommen hatten und zwar mit Pep Guardiola einerseits und José Mourinho andererseits die absoluten Top-Stars der Branche. Beides extreme Titelsammler, die einen UEFA Super Cup ohnehin nicht einfach abschenken würden, und die sich obendrein gegenseitig nicht besonders leiden können, sodass völlig klar war, dass das Spiel von beiden Seiten sehr ernst genommen wurde.
Aber auch abseits dieser besonderen Rivalitäten war dieser Pokal für den FC Bayern von besonderer Bedeutung, da es der einzige offizielle Wettbewerb ist, den man bis dato noch nie gewonnen hatte. Anlass genug für eine schöne Choreo mit dem fast vollen Vitrinenschrank und dem Spruchband „Oana basst no nei.“
Zum eigentlichen Spiel aber erst gleich, ich wollte ja nur darauf hinaus, dass es eben keine reine Jux-Veranstaltung war. Wie üblich war es kein leichtes Unterfangen, an Karten zu kommen, aber letztlich klappte es doch noch über zwei Ecken.
Da meine Frau auch noch nie in Prag war, machten wir gleich ein paar Tage Urlaub draus. Unser Hotel lag etwas außerhalb und als wir uns von dort in die Innenstadt aufmachten, bekamen wir etwas Zweifel an der oft zitierten Schönheit Prags. Da draußen in den Randbezirken standen nämlich überwiegend sozialistische Plattenbauten in blühender… äh… Grässlichkeit. Dieser etwas schale Eindruck wurde beim Verlassen der U-Bahn im Zentrum aber schnell wieder revidiert, denn dort ist Prag tatsächlich wundervoll. Wir erkundeten natürlich die Altstadt, Karlsbrücke, Burg mit Veitsdom und drehten eine Runde beiderseits der Moldau – dank der gemieteten E-Bikes ließ sich eine ordentliche Distanz mit einigen Hügeln leicht bewerkstelligen. Wer noch nicht in Prag war, sollte das auf jeden Fall mal in Betracht ziehen, wir werden sicher nicht das letzte Mal dort gewesen sein.
Am Spieltag füllte sich die Stadt natürlich mit Fans beider Seiten. Auf dem Karlsplatz war irgendeine offizielle Bespaßung für die Chelsea-Anhänger, während für die Bayern der Wenzelsplatz vorgesehen war. Das Spiel fand in der Eden Arena statt und da nur eine U-Bahnlinie dort hinführt, aber wohl irgendeine Art von Fantrennung praktiziert werden musste, sollten die jeweiligen Fans an zwei unterschiedlichen Stationen aussteigen. Was natürlich völlig sinnlos war, denn von beiden U-Bahnhöfen war es noch ein gutes Stück zum Stadion zu laufen, sodass sich die Fangruppen sowieso wieder vermischten. Nun gut.
Da ich für das Treffen mit einigen befreundeten Fans etwas früh dran war, spazierte ich noch etwas um das Stadion herum. Hatte ich zumindest vor, kam dann aber nicht da durch, wo ich es vom Stadtplan her erwartet hätte und fand mich plötzlich auf einem kleinen Marsch rund um sehr weitläufige Trainingsanlagen wieder. Naja, ich bin ja gut zu Fuß und die Sonne schien auch noch. Die Eden Arena ist noch ziemlich neu und sieht von außen aus wie ein Einkaufszentrum. Wenn man es nicht wüsste, käme man kaum auf die Idee, dass drinnen ein Fußballplatz ist.
In der Kurve gab es im Prinzip freie Platzwahl, was einen schönen, kompakten Supporterblock in Rotweiß ergab und dementsprechend einige freie Plätze links und rechts davon. Ich zog es jedoch vor, mit Kollege @probek etwas abseits des Getümmels das Spiel zu verfolgen. Das Stadion wirkte drinnen deutlich größer als es die offizielle Angabe von 21.000 Plätzen vermuten ließ. Sehr hübsch übrigens die Deckenverkleidung aus Holz – wer mag schon Sichtbeton?
Das Spiel war unerwartet spannend und Martinez‘ Ausgleich in der Nachspielzeit der Verlängerung ließ mich in bester Mourinho-Manier auf Knien über den Boden rutschen. Um die kleine sportliche Revanche perfekt zu machen, gewann der FC Bayern schließlich im Elfmeterschießen – das musste einfach so kommen.
Apropos Mourinho: der forderte mehrmals die Chelsea-Anhänger zu mehr Unterstützung auf, bekam jedoch nicht viel mehr als hilfloses Gewedel mit vorher verteilten Fähnchen zurück. Der Kontrast zur Bayern-Kurve, die geschlossen 120 und mehr Minuten supportete, hätte nicht größer sein können. Und eben dieser fantastische Support, der von der FCB-Vereinsführung explizit herausgehoben wurde, war einer der Gründe, warum es in der seit Jahren schwierigen Beziehung zwischen Verein und (aktiven) Fans wieder eine deutliche Wende zum Guten gab. Die diversen Maßnahmen in der Südkurve seit der letzten Saison (z. B. Tauschkarten, Umbau in reine Stehplatzkurve etc.) wurden vielleicht nicht alleine, aber doch wesentlich durch diesen Abend in Prag angestoßen. Und so wurde aus einer sportlich eher unbedeutenden Veranstaltung ein wichtiger Tag in der jüngeren Vereinsgeschichte.
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Hier gibt es ein paar Fotos aus Prag, auch vom Strahov-Stadion, dem größten Stadion der Welt, das ich tags drauf vor der Heimfahrt noch anschaute.
Interessant auch, dass der FC Bayern diesen Pokal noch nie gewann, ein weiteres als die zuvor verlorenen Teilnahmen an diesem Bewerb aber eigentlich noch die Gelegenheit dazu gehabt haben hätte sollen.
1974 fiel der Superpokal gegen Magdeburg aus, weil man „sich nicht auf einen Termin einigen“ konnte, hüstel, hüstel. Recht wahrscheinlich, dass dann damals schon das erste Mal gewesen wäre, trotz aller Magdeburger Stärke. Aber dem Hausherrn erzähle ich damit sicher nichts Neues.
Und ja, ich erwähne das auch nur, weil ich es beim Nachsurfen der bisherigen Superpokale gerade erst entdeckt habe und vorher nicht wusste. Genauso wie die Sache mit dem 1985-er Superpokal.
Danke mal wieder für die vielen Worte, die man gerne liest und ebenso für die Fotos. Ich finde es übrigens überhaupt nicht blöd, solche Berichte auch erst Monate nach dem Geschehen zu veröffentlichen – der Inhalt wird ja nicht weniger interessant dadurch, geht es bei den Erlebnissen ja nicht um Tagesaktualität.
Wenn man ganz pingelig ist, könnte man auch noch anmerken, dass der Super Cup nicht der einzige Wettbewerb war, den der FCB zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewonnen hatte, denn im Dezember folgte ja noch die FIFA-Klub-WM. Der Weltpokal wird zwar gemeinhin als Vorgänger angesehen, aber das war ja doch ein gänzlich anderes Format und war vorher auch kein offizielles Spiel eines Verbands (und hieß lange offiziell „Toyota-Cup“).