Fenster zu
In der an Gaga-Begriffen nicht armen Sportberichterstattung gibt es seit einigen Jahren den Deadline Day, das zum Event hochstilisierte Ende einer Transferperiode. Alternativ spricht man vom Transferfenster, das sich im Sommer am 31. August schließt. Früher zeichnete es, zumindest hierzulande, die sportliche Führung eines Vereins aus, seine Kaderplanung deutlich früher abzuschließen, idealerweise vor Beginn der Saisonvorbereitung, aber spätestens seit Spieler der deutschen Bundesliga auch wieder im Ausland stark nachgefragt werden, schwappt die vor allem in England übliche Deadline-Day-Hysterie auch nach Deutschland. Und wer auf den letzten Drücker für viel Geld noch verkauft, muss eventuell auch auf den allerletzten Drücker nochmal einkaufen. Usw. usf.
In niederen Spielklassen wie beispielsweise der Dritten Liga sind Spielerwechsel nur selten mit großen Summen verbunden. Häufiger, als dass überhaupt eine Ablöse bezahlt wird, dürfte es vorkommen, dass einem Spieler noch eine Abfindung mit auf den Weg gegeben wird, damit sich dieser einem anderen, möglicherweise unterklassigen Verein, anschließt und fortan das Gehaltsbudget nicht mehr belastet.
Ob das auch bei dem einen oder anderen aktuellen Abgang vom SV Wehen Wiesbaden der Fall ist, weiß ich natürlich nicht, aber es würde mich nicht wundern. Ist letztlich auch nicht wichtig, also schauen wir uns mal an, was sich seit Saisonbeginn im Kader noch getan hat.
Den SVWW verlassen haben:
- Fabian Franke zum Halleschen FC. Nachdem der Verteidiger letzte Saison sich direkt nach Ankunft verletzt hatte und erst in der Rückrunde zum Einsatz kam, gefiel er mir eigentlich nicht schlecht. Allerdings war er zuletzt wohl nur Nummer 3 oder 4 in Torsten Fröhlings Innenverteidiger-Rangliste, sodass Franke es lieber woanders versuchen möchte.
- Jaroslaw Lindner zu den Sportfreunden Lotte. Der Flügelspieler kam im letzten Sommer aus Kiel und sollte, wie das ja meistens angekündigt wird, „sofort weiterhelfen“ können. Konnte er aber nicht und so kam er die meiste Zeit nicht über den Status als Ergänzungsspieler hinaus.
- Sven Mende zum VfB Lübeck. Wie die anderen beiden kam der defensive Mittelfeldspieler erst vor Beginn der letzten Saison und durfte meistens nur auf der Bank Platz nehmen.
Neu verpflichtet wurde dafür Sertan Yegenoglu von 1860 München, der sowohl in der Innenverteidigung als auch links in der Abwehrreihe eingesetzt werden kann.
Rückblickend waren unter den Neuverpflichtungen (inklusive Trainer) der letzten Saison also nur wenige Treffer. Ich will sie hier nicht nochmal alle einzeln durchgehen, aber es ist schon auffällig, dass nur Pezzoni und Lorenz noch da und aktuell Stammspieler sind, der Rest ist entweder schon wieder weg und/oder nur Ergänzungsspieler und/oder verletzt. Einen Zusammenhang zwischen der letztjährigen Transferausbeute und dem sportlichen Abschneiden kann man wohl kaum verneinen.
Apropos Ergänzungsspieler: zu einem solchen ist aktuell auch Nils-Ole Book geworden. Jahrelang war Book der einzige im Kader, der eine spielgestaltende Rolle einnehmen konnte, was spätestens dann, wenn er ausfiel oder nicht in Topform war, zu einem Problem (und hier auch oft genug kritisiert) wurde. Mittlerweile haben sich David Blacha und Robert Andrich in der Zentrale etabliert und Book schafft es noch nicht mal auf die Ersatzbank. Sportdirektor Hock dazu im WK: „Wir haben lange mit ihm gesprochen. Er weiß, dass er aktuell nicht die erste Geige spielt. Aber Nils-Ole gibt in jedem Training Gas und hebt in den Einheiten das Niveau. Wir können uns auf ihn verlassen: Wenn er am Tag X gebraucht wird, wird er da sein“. Ich bin nicht sicher, ob das jetzt bedeutet, dass man lange mit ihm gesprochen hat, um ihm vom Bleiben zu überzeugen, oder ob man ihm einen Wechsel nahegelegt hat, aber letztlich bin ich ganz froh, dass er als Alternative noch da ist.
Eine weitere Personalie gibt es noch zu vermelden, diese aber abseits des Platzes. Mit Nico Schäfer wurde jemand für die neugeschaffene Position „Geschäftsführer Sport, Marketing und Kommunikation“ geholt, allerdings zunächst mal nur für acht Monate. Auch aus diesem Interview wird man nicht viel schlauer, was die kurze Laufzeit betrifft, aber immerhin bekommt man eine Vorstellung, um was Schäfer sich kümmern will. Wir wünschen gutes Gelingen!