2. Bundesliga, 9. Spieltag: VfB Stuttgart – SVWW 1:2

Tore: Al Ghaddioui (11.) – Schäffler (3., 18.)

Das Spiel in maximal fünf Worten: Unerwartet, glücklich und sehr geil.

Das Spiel in etwas mehr als fünf Worten:
Wie erwartet vertraute Rehm der Startelf der letzten Woche mit dem einzigen Unterschied, dass Neuzugang Heinz Lindner direkt im Tor stand. Der erste Wehener Angriffsversuch nach drei Minuten war direkt von Erfolg gekrönt. Eine Flanke von Kuhn aus dem rechten Halbfeld landete bei Schäffler, der den Ball äußerst geschickt annahm, sich zwischen zwei Verteidiger drehte und zur überraschenden Führung für den SVWW abschloss. Kurz darauf hatte Dittgen sogar die Chance zu erhöhen, doch der Torhüter war zur Stelle. Es dauerte allerdings nicht allzu lange, bis die Gastgeber zurückschlugen. Die Wehener Hintermannschaft konnte einen Ball in mehreren Versuchen nicht klären, Gomez verpasste, aber Al Ghaddioui traf dann zum Ausgleich. Man konnte nun annehmen, dass die spektakuläre Anfangsphase der Gäste nun beendet sei und das Spiel seinen erwarteten Gang nähme – so auch der Autor dieser Zeilen, der das folgende wegen eines Besuchs am Getränkestand verpasste: Nach einem schon abgefangenen Wehener Angriff spielte Stuttgarts Sosa am eigenen Strafraum einen Fehlpass, den Schäffler abfing und aus spitzem Winkel das 2:1 erzielte. In der Folge hatte zwar nur noch der VfB den Ball, kam aber kaum zu Abschlüssen. Die einzige weitere richtige Torchance der ersten Halbzeit hatten die Gäste, als Dittgen einen Ball an der gegnerischen Eckfahne eroberte und scharf vors Tor passte, wo Schäffler allerdings den Ball nicht richtig erwischte und den Torwart anschoss. In der zweiten Halbzeit erhöhte Stuttgart den Druck und kam zu zahlreichen Möglichkeiten, aber mit dem Glück des Tüchtigen – und einer großen Portion Extra-Dusel obendrauf – hielten Lindner und seine Vorderleute den Kasten sauber. Viermal ging der Ball alleine an den Pfosten, einige weitere Male knapp daneben, ein anderes Mal stand der eigene Mann im Weg, dann wiederum klärte ein Verteidiger auf der Linie. Der SVWW kam fast überhaupt nicht zu Entlastungsangriffen, die Bälle wurden meist ins Aus oder direkt zum Gegner geklärt – bis auf einmal, als Dittgen nach einem Solo übers halbe Feld beinahe das 3:1 erzielt hätte. Kyereh flog wenige Minuten nach seiner Einwechslung mit Rot vom Platz, aber auch in Unterzahl blieb Wehen standhaft. Tatsächlich überdauerte die Führung auch die fünf Minuten Nachspielzeit und bescherte dem Tabellenletzten einen sensationellen Sieg beim Tabellenführer und großen Aufstiegsfavoriten.

Liebling des Spiels: Das Tor vor der Cannstatter Kurve: Zwei Schäffler-Schüsse reingelassen, aber vier Stuttgarter Versuche mit großartigen Reflexen pariert. Ja, und Manu Schäffler, ist doch klar.

Szene des Spiels: Kurz vor Spielende, Schuss an den Pfosten, Nachschuss wird von zwei Spielern auf der Linie abgeblockt, erneuter Nachschuss wieder an den Pfosten – der Ball wollte einfach nicht mehr ins Tor.

Vor dem Spiel: Hatte wirklich niemand ernsthaft mit einem Punktgewinn gerechnet. Die meisten wären wohl schon mit einer knappen Niederlage beim haushohen Favoriten zufrieden gewesen.

Nach dem Spiel: Euphorie fast wie nach dem Aufstieg.

Das fiel auf:
+ Bei einem solchen Kontrast zwischen Favorit und Außenseiter ist es auch völlig legitim, den Außenseiterfußball auf die Spitze zu treiben und Bälle einfach nur noch rauszuschlagen.
+ Zu Schäffler fällt mir langsam nichts mehr ein. Nicht nur, dass er einen herausragenden Abschluss hat, sondern auch wie er zu seinen Chancen kommt, ist einfach großartig.
+ Lindner mit starkem Debüt. Beim Gegentor machtlos, aber dafür einige gute Paraden und insgesamt mit sicherer Ausstrahlung. Sofern keine Verletzung dazwischenkommt, dürfte das Torwart-Thema vorerst erledigt sein.
+ An ein Spiel mit soviel Glück (wenn man alleine mal die Pfostentreffer hernimmt) kann ich mich spontan nicht erinnern. Vielleicht war der Fußballgott nach dem ganzen Mist der ersten sieben Spiele auf Wiedergutmachung aus.

Das schreiben die anderen: WK, kicker, hessenschau, Stuttgarter Nachrichten (mit zahlreichen Artikeln), DAZN (Video, nur mit Abo)

Zuschauer: 49.627, davon knapp 200 Gästefans – die größte Kulisse, vor der der SVWW jemals gespielt hat.

Tabelle: Der SVWW bleibt zwar Letzter, hat mit nun 7 Punkten aber wieder Anschluss zum Rest der Liga (davor drei Mannschaften mit jeweils 8 Punkten).

Serien und Rekorde: Der SVWW hatte nicht mal 16% Ballbesitz und nur 69 angekommene Pässe – beides Negativrekorde seit Beginn der Datenerfassung. Trotzdem steht am Ende der erste Auswärtssieg der Saison und Schäffler führt mit 8 Treffern alleine die Torjägerliste an.

Ansonsten: VfB, wir müssen reden. 18,50€ für einen Stehplatz, 4,30€ für ein Bier (noch nicht mal irgendwas Regionales, sondern Krombacher Massenware), 3,80€ für eine ziemlich läppische Wurst, dazu lange Wartezeiten am Kiosk, obwohl der von den paar Gästefans nun wirklich nicht überbeansprucht wurde – das ist alles schon ziemlich kacke.

Nächstes Spiel: Es ist wieder Länderspielpause, weshalb der SVWW am Donnerstag ein Testspiel gegen den SC Paderborn bestreitet (14 Uhr in Lohfelden). In der Liga geht es am übernächsten Samstag mit einem Heimspiel gegen Heidenheim weiter.