Die Wehenschau (KW 49/2022)

Der dreiwöchige Urlaub ist vorbei. Die Profimannschaft des SV Wehen Wiesbaden hat am vergangenen Montag wieder das Training und damit die Vorbereitung auf die zweite Saisonhälfte aufgenommen. Mit dabei ist auch mit Mohamed Amsif ein neuer Torwart, was angesichts der ungewissen Ausfallzeit von Stammtorwart Stritzel sinnvoll ist. Ob Amsif, der sowohl Bundesligaerfahrung als auch einige Länderspieleinsätze für Marokko auf dem Buckel hat, nun Lyska ablöst oder diesen nur zu Höchstleistungen anstacheln soll, ist noch nicht ganz klar. Der zuletzt vereinslose Amsif hat zunächst einen Vertrag bis Saisonende bekommen und wer weiß, vielleicht wird er ja zum Aufstiegshelden?

Der Aufstieg in die 2. Bundesliga wird mittlerweile konkreter als Saisonziel ausgesprochen. Auf der gestrigen Mitgliederversammlung des SV Wehen Taunusstein sprach Präsident Markus Hankammer die vollzählig erschienene Mannschaft direkt an, als er feststellte, dass sich solche Chancen nicht oft bieten und deshalb alles dafür getan werden müsse, die selbst erarbeitete gute Ausgangsposition auch zu nutzen. Zuvor hatte Hankammer die Verlängerung des Vertrags von Trainer Markus Kauczinski verkündet, der Coach unterschrieb bis 2025.

Hier noch einige weitere Infos aus der Mitgliederversammlung:

  • Die sportliche Leitung war besonders stolz, dass die Maßnahmen, die aus der Analyse der letzten Saison abgeleitet wurden, sich umgehend bemerkbar machten und zum bisher guten Abschneiden in der aktuellen Spielzeit führten. So hatte man beispielsweise festgestellt, dass man in der letzten halben Stunde der Spiele deutlich weniger Tore erzielte und gleichzeitig deutlich mehr Gegentreffer hinnehmen musste. Als Konsequenz wurde mit Alex Ryan ein neuer Fitnesstrainer dazugeholt und die Arbeit im Fitness- und Athletikbereich intensiviert. Das Thema Wille/Mentalität ist man mit der Verpflichtung von Co-Trainer Giuliano Modica angegangen, der offensichtlich eine zusätzliche leidenschaftliche Komponente einbringt.
  • Das Stadionerlebnis zu verbessern ist weiterhin ein Dauerbrenner. Nach den Maßnahmen der Vergangenheit (Neubau Westtribüne, Umlauf hinter Nordtribüne gepflastert, Fanecke) ist für das kommende Jahr die Einführung eines neues Kassensystem geplant, mit dem endlich auch bargeldlose Bezahlung an den Kiosken möglich wird. Außerdem sollen Drehkreuze mit Barcode-Scannern an den Eingängen installiert werden. Inwiefern das den Einlassprozess verbessert, wurde nicht unmittelbar klar, denn die wesentliche Bremse sind ja die Sicherheitskontrollen und nicht das Scannen der Eintrittskarten, aber sehen wir es positiv: das Thema ist dem Verein bewusst und man bemüht sich um Verbesserungen. Das gilt auch für das ganze Thema Ticketing und Mitgliederverwaltung, wo seit diesem Jahr durch den Wechsel zu Eventim Sports zahlreiche neue Funktionen möglich werden. U. a. wird es die Dauerkarte auch in einer mobilen Variante fürs Handy geben, die man auch für einzelne Spiele digital weitergeben kann.
  • Das Thema Südtribüne und damit verbunden die Ausweitung in Richtung Helmut-Schön-Sportpark steht noch ganz am Anfang. Ob die Tribüne in ihrer bisherigen Form nach hinten versetzt oder in anderer Form neu gebaut wird, kann erst konkreter geplant werden, wenn klar ist, welche Lösung man mit den Nachbarn bzw. der Stadt Wiesbaden findet.
  • Das Trainingsgelände auf dem Halberg soll auf Sicht um mindestens einen zusätzlichen Platz erweitert und das Funktionsgebäude weiter ausgebaut werden. Das ist u. a. nötig, um in die höchste NLZ-Kategorie zu kommen (aktuell hat man die bereits gute Kategorie 2), was wiederum finanzielle Auswirkungen hat, z. B. bei der Berechnung von Ausbildungsentschädigungen bei Wechseln von Jugendlichen.
  • Interessant fand ich die Transferbilanz der aktuellen Saison, denn auf der Einnahmenseite wurden 1,745 Millionen Euro ausgewiesen, die leider nicht detaillierter aufgeschlüsselt wurden. Der Transfer von Gustaf Nilsson wird den Betrag vermutlich nicht vollständig erklären, was nahelegt, dass man bei anderen Spielern noch durch Beteiligungen oder Bonuszahlungen verdient hat. Generell wird dieses Modell gerne genutzt, auch umgekehrt bei Neuverpflichtungen: statt einer Ablöse fließt erst später im Erfolgsfall Geld. Dies betrifft die allermeisten Spieler, die in den letzten Jahren verpflichtet bzw. aus laufenden Verträgen abgegeben wurden.
  • Vorgestellt wurde auch der neue 26er Club als niederschwelliges Angebot, um Fans enger an den Verein zu binden (wir hatten vor einigen Wochen dazu berichtet). Neu war mir, dass Vereinsmitglieder kostenlos auch Mitglied im 26er Club sind – die Preisvorteile bei Tickets und Merchandising-Artikeln hat man zwar ohnehin schon, aber so kann man bei Bedarf auch an den Club-Events teilnehmen.
  • Ebenfalls thematisiert wurde der Fall des ehemaligen Jugendtrainers Sven B., der sich wegen des Missbrauchs von Jugendlichen vor Gericht verantworten muss. Hier gelang es dem Verein in einer schwierigen Situation durch vorbildliche Transparenz das Vertrauen der Eltern und Jugendlichen im NLZ zu behalten. Aktuell findet im NLZ ein Pilotprojekt Risikoanalyse statt.

Der letzte Punkt spannt einen traurigen Bogen zu einem weiteren Strafprozess, der derzeit am Landgericht Wiesbaden stattfindet. Tobias Schwede wird die Vergewaltigung einer Frau im Januar 2020 (also während er beim SVWW spielte) vorgeworfen, gemeinsam mit einem Freund. Wie stehblog.de aus Journalistenkreisen erfuhr, soll es sich bei dem zweiten Mann ebenfalls um einen damaligen Spieler des SVWW handeln. Schwede ist derzeit von seinem aktuellen Verein, dem 1. FC Saarbrücken, freigestellt. Sollte das Gericht die Vorwürfe als erwiesen ansehen, wäre mit ziemlicher Sicherheit eine Gefängnisstrafe die Folge.


Nachdem kürzlich schon Horst Hülß verstorben ist, trauert der SV Wehen Wiesbaden um einen weiteren ehemaligen Trainer. Gerd Schwickert, von 2000 bis 2002 für zweieinhalb Jahre Trainer des SV Wehen in der Regionalliga Süd, ist Ende November im Alter von 73 Jahren gestorben. In seine Amtszeit fällt auch das DFB-Pokalspiel gegen Borussia Dortmund, wo man damals im Mainzer Bruchwegstadion erst nach Verlängerung 0:1 unterlag.


Weitere News von Ehemaligen:

  • Es hatte sich angedeutet, nun ist es Gewissheit: Benjamin Hübner muss seine Profikarriere verletzungsbedingt beenden.
  • Seine Laufbahn als Spieler hat er schon länger beendet, dafür ist Nils-Ole Book mittlerweile als Sportdirektor der SV Elversberg ausgesprochen erfolgreich. Das hat auch das Interesse von Zweitligist SC Paderborn geweckt, aber Book sagte ab. Dafür muss er möglicherweise auf seinen Trainer Horst Steffen verzichten, der angeblich vom FC St. Pauli umworben wird.

Noch ein paar Neuigkeiten vom DFB:

  • Der Nachwuchsfördertopf für die 3. Liga wurde verlängert. Knapp 3 Millionen Euro pro Jahr werden auf die Drittligisten verteilt, in Abhängigkeit von Einsätzen von U21-Spielern und NLZ-Kriterien.
  • Während das Geld aus dem Nachwuchsfördertopf auch für den Nachwuchs bestimmt ist, darf das Geld aus der Fernseh-Vermarktung direkt für den Profi-Etat genutzt werden. Hier hat man sich darauf geeinigt, dass die Gesamtsumme weiterhin gleichmäßig auf alle Vereine verteilt wird, wobei Zweitmannschaften ausgeschlossen sind. Nach aktuellem Stand würde somit ab der kommenden Saison jeder Drittligist 1,3 Millionen Euro erhalten.
  • Außerdem wurde der Rahmenterminkalender für die kommende Saison verabschiedet. Wer unseren Kalender abonniert hat, findet natürlich schon längst alle Termine im eigenen Handy – und sollte der SVWW aufsteigen, werden die Drittligatermine selbstverständlich automatisch durch die der 2. Bundesliga ersetzt.

Zum Abschluss noch ein paar Hörempfehlungen:

  • Falls Ihr es noch nicht mitbekommen habt, wir haben letzte Woche eine neue Folge Niemals Erste Liga veröffentlicht.
  • Zuvor waren Micha und Gunnar bei den Kollegen vom 2 für 3 Podcast zu Gast.
  • Gunnar durfte außerdem an der 3. Staffel des Fußball-Quiz-Podcasts Bolzen, Bomber, Ballartisten teilnehmen. Wie er sich dort geschlagen hat, erfahrt Ihr am 2. Januar, wenn das siebte Achtelfinale erscheint.