Die Wehenschau (KW 44/2022)

Beim Heimspiel gegen Duisburg am letzten Freitag unterhielt ich mich mit einem anderen Fan, der ein gewisses Unverständnis über den jüngsten Protest äußerte – obwohl er der aktiven Szene sehr nahe steht. „Wann hat man denn das letzte Mal was von der Zweitverein-Kampagne gehört?“ war seine durchaus berechtigte Frage. Die Hoffnung, dass der SV Wehen Wiesbaden seine Kampagne stillschweigend beerdigt hat, währte jedoch nur kurz. Seit neuestem führt Geschäftsführer Nico Schäfer eine selbst beauftragte Studie ins Feld und wirft mit jeder Menge Zahlen um sich, die das Vorgehen quasi untermauern sollen. Ich will die Zahlen gar nicht im Einzelnen kommentieren, denn der meiner Meinung nach entscheidende gedankliche Fehler ist schon deutlich vorher passiert: man versucht mit sachlichen Argumenten einem rein emotionalem Thema beizukommen. Niemand bestreitet, dass viele Fußballfans – nicht nur hier, sondern überall – mit mehr als einem Verein sympathisieren. Das Problem an dieser Kampagne ist ja auch nicht per se, dass man neue Fans gewinnen möchte, egal ob als Erst-, Zweit- oder Zwölftverein, sondern dass die Kommunikation so gründlich misslungen ist, dass sich die eigenen, langjährigen Fans herabgewürdigt sehen. Solange Schäfer und Kollegen das nicht verstehen, kann man Studien beauftragen und Statistiken präsentieren, wie man will, aber ändern wird das nichts. Dass gerade jemand wie Schäfer, der zuvor für so hochemotionale Vereine wie Union Berlin und Rot-Weiss Essen gearbeitet hat, anscheinend nicht versteht, welches Problem die Fans mit der Kampagne haben, verwundert schon sehr.

Das neueste Wunderwerk aus der Ideenschmiede an der Berliner Straße nennt sich 26er Club. Dieses kostenpflichtige Angebot scheint so eine Art Zwischending aus Kids Club und Vereinsmitgliedschaft zu sein. Man genießt diverse Vorteile, ist aber eben kein Mitglied im SV Wehen Taunusstein e. V. und hat dementsprechend dort kein Stimmrecht (ob man als ordentliches Mitglied in der spezifischen Konstruktion tatsächlich etwas mitbestimmen kann, sei mal dahingestellt). Rein finanziell betrachtet ist der 26er Club allerdings ein No-Brainer, denn der Ticketpreis soll identisch mit dem für Mitglieder sein. Ein Stehplatz-Dauerkarte kostet (für die ganze Saison) regulär 165 Euro und für Mitglieder 112 Euro, d. h. die 19,26 Euro Jahresbeitrag amortisieren sich umgehend. Schon merkwürdig, dass man einerseits erst kürzlich einen Topspielzuschlag eingeführt hat und nun auf anderem Weg quasi wieder Rabatte raushaut. Da werde ich nicht so ganz schlau draus.


Lasst uns zum Sportlichen kommen. Nach der zweiten Niederlage in Folge kann man festhalten, dass der verletzungsgeplagte Kader mittlerweile auf dem Zahnfleisch geht. Gegen Duisburg saß Kempe zwar wieder auf der Bank, aber wohl mehr aus ideellen Gründen, denn ein Einsatz war eigentlich ausgeschlossen. Mockenhaupt wäre nach einem Schlag normalerweise ausgewechselt worden, biss sich aber mangels Alternativen durch. Größere Impulse durch Einwechselspieler, zu Saisonbeginn noch ein Trumpf des SVWW, gibt es nicht mehr. Man muss jetzt noch irgendwie die nächsten drei Spiele überstehen (und dabei soviel Punkte wie möglich holen, aber das gilt ja immer), bevor dann die lange Winterpause keinen Tag zu früh beginnt. Immerhin haben Goppel, Reinthaler, Froese und Bauer wieder am Mannschaftstraining teilgenommen, aber ob es schon morgen für einen oder mehrere der vier zu einem Einsatz reicht, ist zweifelhaft. Die Startelf wird sich einmal mehr von selbst aufstellen.


Was, wann, wo: 3. Liga, 15. Spieltag, Freitag, 4. November, 19:00 Uhr, auswärts beim SV Meppen

Der Gegner: Für den SV Meppen dürfte es auch unter dem neuen Trainer Stefan Krämer in dieser Saison ausschließlich um den Klassenerhalt gehen. Aktuell stehen die Niedersachsen mit 12 Punkten auf Platz 17. Seit dem spektakulären 6:2 gegen Mannheim am 4. Spieltag gelang kein Sieg. Immerhin holte man am letzten Spieltag einen Punkt in Saarbrücken, nachdem es zuvor vier Niederlagen hintereinander setzte. Im Kader sind auch drei Ex-SVWWler: David Blacha kam in allen bisherigen Saisonspielen zum Einsatz, Marius Kleinsorge immerhin in der Hälfte der Spiele (ein Tor), Erik Domaschke gar nicht. Bester Torschütze ist Marvin Pourié mit sechs Treffern.

Die letzten Begegnungen: In der letzten Saison verlor der SVWW zuhause gegen mit Meppen mit 3:4 – es war das letzte Spiel unter Rüdiger Rehm. In der Rückrunde gewann dafür der SVWW mit 4:0 – bis heute der höchste Sieg in einem Ligaspiel unter Markus Kauczinski (gemeinsam mit dem 5:1 in Aue).

Der Direktvergleich spricht für den SVWW, von acht Spielen (alle in der 3. Liga) gewann man fünf. In Meppen ist der SVWW sogar noch ungeschlagen (drei Siege, ein Unentschieden).

Personelles: Stritzel, Carstens, Rieble und Brumme fehlen definitiv. Wer von den oben genannten eventuell wieder in den Kader zurückkehrt (oder wer spontan noch ausfällt), werden wir wie üblich erst eine Stunde vor Anpfiff erfahren.

Aufstellungstipp: Lyska – Mockenhaupt, Mrowca, Gürleyen – Fechner, Jacobsen, Heußer, Ezeh – Wurtz – Hollerbach, Prtajin

Nach dem Spiel wird der SVWW auf Platz 2 bis 8 stehen.

Beitragsbild: Antoon Kuper