Die Wehenschau (KW 19/2023)

Vor einigen Wochen, als der SV Wehen Wiesbaden schon einmal einen zwischenzeitlich komfortablen Vorsprung in der Tabelle eingebüßt hatte, sagte Sascha Mockenhaupt nach dem Spiel in Freiburg: „vielleicht tut uns das gut, dass wir jetzt wieder müssen“. Tatsächlich folgten fünf Siege hintereinander und erneut ein vermeintlich sicheres Punktepolster – das nun, drei Spieltage vor Saisonende, wieder weg ist. Die jüngste Krise kommt zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt, weil man es nun fast nicht mehr in der eigenen Hand hat. Dynamo Dresden ist durch den Sieg gegen den SVWW punktgleich, aber mit der besseren Tordifferenz vorbeigezogen, Osnabrück ist gleichauf und Saarbrücken folgt mit nur einem Zähler Rückstand.

Für Elversberg könnte am Samstag Aufstieg und Meisterschaft feststehen, sodass für die anderen vier Teams noch ein weiterer direkter Aufstiegsplatz, einmal Relegation, einmal Trostpreis in Form der DFB-Pokalteilnahme und einmal der Zonk bleiben. Wenn der SVWW noch den Aufstieg schaffen möchte, wäre höchstwahrscheinlich jeder weitere Punktverlust zuviel, mit anderen Worten: die letzten drei Spiele gegen Verl, Elversberg und Halle müssen gewonnen werden. Noch dazu am besten hoch, um nicht aufgrund der Tordifferenz das Nachsehen zu haben. Dass es für diese Gegner an den jeweiligen Spieltagen (wahrscheinlich) um nichts mehr geht, kann ein Vorteil sein, vielleicht aber auch nicht. Der SVWW muss jedenfalls das tun, was ihm in den letzten Wochen etwas schwer gefallen ist, nämlich Tore schießen. Wie gesagt, möglichst viele.

Sofern man nicht völlig verkackt, gibt es nächste Saison wieder (mindestens) ein DFB-Pokalspiel in der Brita-Arena. Wer mag, kann sich schon mal vormerken, dass am 18. Juni im Rahmen der sportstudio Reportage im ZDF die Auslosung der 1. DFB-Pokalrunde 2023/24 stattfindet.


Apropos Pokal: Am Mittwochabend wurden auf dem Halberg gleich zwei Pokalspiele parallel ausgetragen. Sowohl die U19 als auch die U17 traten im Hessenpokal-Viertelfinale an. Während die U19 gegen Darmstadt 98 mit 3:5 verlor, konnte sich die U17 mit 2:1 nach Verlängerung gegen Rot-Weiss Frankfurt durchsetzen.


Beim Spiel in Dresden präsentierten Dynamo-Fans eine Zaunfahne der Taunus Torpedos, einem der ältesten Wehener Fanclubs, der allerdings schon seit vielen Jahren de facto nicht mehr existiert. Dass die Zaunfahne noch existierte, war bis Samstag unbekannt, denn diese wurde vor sieben oder acht Jahren in der Brita-Arena gestohlen, weil sich die Ordner blöd angestellt haben. Die Polizei durchsuchte seinerzeit nach dem Spiel sogar die Busse der Gästefans, aber die Fahne blieb verschwunden. Nun tauchte sie also wieder auf, wurde auf dem Kopf stehend gezeigt und danach in Einzelteile zerlegt. Anscheinend gilt das in gewissen Kreisen als maximale Ehrabschneidung. Die übliche Konsequenz, das Auflösen der „unterlegenen“ Gruppe, hat sich mangels Masse jedoch erübrigt. Lustiger Nebeneffekt: offenbar haben viele Leute danach „Taunus Torpedos“ gegoogelt und sind hier im Blog gelandet (wegen dieses uralten Beitrags), weshalb sich hier ein paar Tage lang die Zugriffszahlen vervielfacht haben. Zu schade, dass es hier keine Werbung gibt, das hätte ein paar Euro extra gebracht.


Während besagte Fahne schon seit Jahren nicht mehr in der Brita-Arena hing, gibt es nun (an der gegenüberliegenden Ecke) endlich eine neue Anzeigetafel. Aufgrund von Lieferschwierigkeiten musste man sich ja lange Zeit mit einer kleineren Videowand als Provisorium behelfen, doch nun ist der neue Screen angekommen und montiert. Allerdings wirkt die Position auf den Fotos, die ich zu sehen bekam, etwas merkwürdig, nämlich so, als ob die Videowand ein Stück weit rechts über die Ecke hinausragt, während links noch viel Platz ist. Möglicherweise täuscht die Perspektive oder es hat technische Gründe, das so zu machen, aber es birgt auf jeden Fall das Potential, dass ich ab sofort bei jedem Stadionbesuch dort hinschauen und den Kopf schütteln werde.

Eine schöne Aktion für die letzten drei Saisonspiele hat der Kantor der Wiesbadener Marktkirche vorbereitet. Jeweils samstags zur Anstoßzeit wird das Glockenspiel die Melodie der SVWW-Hymne spielen – und so hört sich das dann an. Ich persönlich bin ja kein großer Freund dieser Hymne, aber ich finde diese Aktion trotzdem super. Der Verein ist nach wie vor in der Stadt viel zu unsichtbar und da ist es doch schön, wenn mal aus eher unerwarteter Richtung Unterstützung im Aufstiegsrennen kommt.


Letzte Woche haben wir uns hier noch mit Gerüchten bezüglich Neuverpflichtungen beschäftigt, aber jetzt gibt es Fakten. Der erste Neuzugang für die nächste Saison ist Antonio Jonjic, der ablösefrei von Erzgebirge Aue kommt. Der 23-jährige Stürmer unterschrieb eine Dreijahresvertrag, was auf ein großes Vertrauen in eine gute Entwicklung schließen lässt. Ausgebildet wurde der Deutsch-Kroate beim 1. FC Kaiserslautern und dass er bald wieder näher an seiner Heimatstadt Ludwigshafen leben kann, war wohl durchaus ein Vorteil für den SVWW.

Einen Tag später wurde direkt der nächste Zugang bekanntgegeben, nämlich Amar Catic, ein 24-jähriger Rechtsaußen, der vom niederländischen Zweitligisten ADO Den Haag kommt. Er ist ebenfalls ablösefrei und unterschrieb für zunächst zwei Jahre. Der Bosnier ist in den Niederlanden geboren und aufgewachsen, hat für seinen Jugendverein PSV Eindhoven und Den Haag schon einige Erstligaeinsätze sowie ein paar Jugendländerspiele für Bosnien aufzuweisen.

Nachdem die Verpflichtung der beiden Spieler am Dienstag bzw. Mittwoch jeweils um Punkt 12 Uhr mitgeteilt und zuvor – wie das mittlerweile so üblich ist – auf Instagram ein Countdown angezeigt wurde, war bei mir am Donnerstag schon eine gewisse Erwartungshaltung geweckt, dass mittags der nächste Neue vorgestellt wird. War dann aber nicht so. Beiden neuen Spielern schon mal ein herzliches Willkommen und viel Erfolg beim SVWW!

Einen Abgang gibt es ebenfalls zu vermelden, auch wenn die Info ein bisschen versteckt war. Auf der Instagram-Seite des FC Eddersheim wurde schon vor zwei Wochen vermeldet, dass sich Dominik Bauer zur neuen Saison dem Hessenligisten anschließt. Wir wünschen alles Gute!

Gerüchte gibt es natürlich auch ständig. So soll Alemannia Aachen an Suheyel Najar interessiert sein und der FC St. Pauli hat angeblich ein Auge auf Brooklyn Ezeh geworfen. Nunja, abwarten.


Und damit wie üblich zu News von Ehemaligen:

  • Robert Andrich hat gestern mit Bayer Leverkusen das Halbfinal-Hinspiel in der Europa League bei der AS Rom mit 0:1 verloren, aber noch alle Chancen auf das Endspiel. Die SZ hat ihn porträtiert.
  • Christian Hock, derzeit beim 1. FC Magdeburg tätig, wird neuer Sport-Geschäftsführer bei den Offenbacher Kickers.
  • Auf tm.de ist ein langes Interview mit Petar Sliskovic und Julius Düker erschienen, die beide aktuell in Indien beim Chennai FC spielen.

Was, wann, wo: 3. Liga, 36. Spieltag, 13. Mai, 14:00 Uhr, zuhause gegen den SC Verl

Der Gegner: Der SC Verl hat sein Saisonziel, nämlich den Klassenerhalt, schon frühzeitig erreicht. Mit 48 Punkten steht man genau in der Tabellenmitte und kann für das vierte Jahr in der dritten Liga planen. Dementsprechend ist Michael Kniat, der in der letzten Saison Guerino Capretti ablöste, auch einer der wenigen Drittliga-Trainer, der schon länger als ein Jahr im Amt ist. Bester Torschütze ist Nicolas Tessa mit acht Treffern, gefolgt von Maximilian Wolfram mit sieben Treffern (sowie sieben Vorlagen, was Wolfram zum besten Scorer macht).

Das Spiel in der Hinrunde endete 1:1, nachdem der SVWW durch ein kurioses Eigentor in Führung gegangen war und durch einen unberechtigten Elfmeter den Ausgleich hinnehmen musste.

Der Direktvergleich geht knapp an den SC Verl, der letzte Saison zuhause gegen den SVWW gewann. Die anderen vier bisherigen Begegnungen gingen unentschieden aus, in Wiesbaden gab es dabei bisher noch kein einziges Tor zu sehen.

Personelles: Hollerbach fehlt aufgrund seiner fünften gelben Karte. Ihn dürfte wahrscheinlich Froese ersetzen, vielleicht rückt aber auch Heußer nach vorne neben Wurtz.

Aufstellungstipp: Stritzel – Gürleyen, Reinthaler, Carstens – Mockenhaupt, Jacobsen, Heußer, Ezeh – Wurtz – Froese, Prtajin

Nach dem Spiel wird der SVWW auf Platz 2 bis 6 stehen.