Aus vier mach zwei
Am vorletzten Spieltag der dritten Liga hat sich das Teilnehmerfeld im Rennen um den Relegationsplatz von vier auf zwei Mannschaften reduziert – und man höre und staune, der SV Wehen Wiesbaden ist einer dieser beiden verbliebenen Kandidaten.
Es gehörte nicht viel Phantasie dazu vorherzusagen, dass nur ein Sieg gegen TuS Koblenz helfen würde, um auch am letzten Spieltag noch die Chance auf Platz 3 zu erhalten. Wie üblich ulkten wir vor dem Spiel herum, wie hoch der Sieg denn ausfallen würde (mit einem 8:0 könnte man selbst bei einem Erfurter Sieg an denen vorbeiziehen), um dann uns dann doch darauf zu einigen, dass ein irgendwie hingewürgtes 1:0 auch reichen würde, notfalls durch einen unberechtigten Elfer in der letzten Spielminute. Ganz so schlimm für unsere Nerven kam es dann zwar doch nicht, aber es war ziemlich nahe dran. Nach ein paar Schockmomenten zu Beginn, als Koblenz gleich zwei gute Chancen vergab, legte sich die Nervosität bei den Spielern und den Fans ein wenig – schließlich konnte erfolgreich verhindert, zum vierten mal in Folge nach zehn Minuten schon in Rückstand zu geraten. FIFA-Schiedsrichter Manuel Gräfe sorgte anfangs für einigen Unmut, als er einerseits einige Fouls an Alf Mintzel nicht als solche ahndete, dann Jan Fießer für ein Allerweltsfoul mit Gelb bedachte, um schließlich den Koblenzer Verteidiger Kittner vom Platz zu stellen, als er Mintzel umsenste. Sicher war das ein eher gröberes Foul, aber ob es Rot erforderte? Letzter Mann war Kittner nicht und somit handelte es sich auch nicht um die Verhinderung einer klaren Torchance. Wie auch immer, die Gäste spielten also nun in Unterzahl, was das Spiel allerdings nicht attraktiver machte. Der SVWW kam kaum zu klaren Torgelegenheiten und nach der Pause erhöhte Gino Lettieri mit den Einwechslungen von Sailer für Fießer, Salem für Lanzaat und schließlich Menga für Abraham das Risiko, aber auch den Druck auf den Gegner. Koblenz stand nur noch hinten drin, aber Chancen für den SVWW blieben weiterhin Mangelware. Im Stehblock waren wir schon ziemlich irritiert, dass Kioyo durchspielen durfte angesichts seiner weniger als mäßigen Leistung, aber es folgte mal wieder einer dieser „ausgerechnet!“-Momente: genau jener Kioyo traf nach 70 gespielten Minuten per Kopfballbogenlampe zum 1:0, die Flanke kam von Mintzel. Große Erlösung und entsprechender Jubel, doch die TuS kam danach noch zu zwei Chancen, die uns beinahe den mühevoll erarbeiteten Sieg gekostet hätten. Es ging aber gut und am Ende stand der 17. Saisonsieg für den SVWW. (Kurz am Rande: Die Stimmung im Stadion war trotz des eher verkrampften Spiels richtig gut, auch unser neuer „Capo“ machte seine Sache nicht schlecht. Weiter so!)
Noch größer war der Jubel, als die Endergebnisse der Konkurrenz bekannt wurden. Rot-Weiß Erfurt hatte es irgendwie fertiggebracht, nach 2:0- und 3:1-Führung noch 3:4 in Ahlen zu verlieren und Kickers Offenbach unterlag Heidenheim mit 1:2 – beide sind somit raus aus dem Kampf um Platz 3. Nur Dynamo Dresden gab sich keine Blöße und gewann mit 2:0 gegen Wacker Burghausen. Sogesehen war die Offenbacher Niederlage also gar nicht so ideal, denn bekanntlich spielen die Kickers nächste Woche gegen Dresden, und bei eigener Chance auf Platz 3 wäre die Motivation möglicherweise eine andere als in dieser Situation. Zumindest bei den Fans könnte ich mir vorstellen, dass sie lieber Dresden als Wehen auf dem dritten Platz sähen.
Fakt ist, dass Wehen auf Offenbacher Schützenhilfe angewiesen ist, denn Dresden geht mit einem Punkt Vorsprung (und einer um vier Treffer bessere Tordifferenz) in den letzten Spieltag. Falls Dynamo hoch (als mit mehr als vier Toren) in Offenbach verlöre, würde dem SVWW ein Unentschieden bei Werder Bremen II genügen, aber das können wir wohl getrost „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ als ausgeschlossen betrachten und somit vergessen. Unsere Jungs müssen in Bremen also auf jeden Fall gewinnen und dann hoffen, dass Dresden in Offenbach höchstens ein Unentschieden holt, so einfach ist das.
Immerhin kann der SVWW aus eigener Kraft, und zwar schon mit einem Unentschieden, Platz 4 sichern, der ja zur Teilnahme am DFB-Pokal berechtigt. Das wäre an sich schon super, aber wenn man schon soweit gekommen ist, will man natürlich mehr, keine Frage.
Bremens zweite Mannschaft könnte dabei nächste Woche eventuell Verstärkung aus dem Bundesligakader bekommen, denn die Erste hat gestern endlich den Klassenerhalt in der ersten Liga sichergestellt. Während es für diese am Samstag um nichts mehr geht, kämpft die Zweite noch um den Verbleib in Liga 3. Aber selbst wenn es so kommt, muss das nicht automatisch heißen, dass das „verstärkte Reserveteam“ zwangsläufig gewinnt – in Wiesbaden haben wir ja auch schon gewisse Erfahrungen mit diesem Thema gemacht.
Bevor wir uns aber jetzt schon völlig auf das Ligafinale konzentrieren, sollten wir aber nicht vergessen, dass schon am Dienstag ein weiterer Saisonhöhepunkt ansteht, nämlich das Endspiel im Hessenpokal. Gegner in Marburg ist Regionalligist Hessen Kassel, die übrigens seit zwei Wochen von unserem Ex-Coach Christian Hock trainiert werden – und gestern die seit Anfang September behauptete Tabellenführung eingebüßt haben. Der SVWW ist als klassenhöheres Team wohl der Favorit, aber das war Kickers Offenbach im Halbfinale sicher auch – und verlor in Kassel mit 1:2. Neben Ruhm und Ehre und dem Titel „Hessenpokalsieger“ (den Wehen bisher dreimal und zuletzt im Jahr 2000 gewinnen konnte) winkt dem Sieger auch hier die Teilnahme am DFB-Pokal.
Zum Abschluss noch zwei Personalentscheidungen: Während Sebastian Szimayer, der in dieser Saion in der Regionalliga zwar regelmäßig, aber in der dritten Liag gar nicht eingesetzt wurde, den Verein verlassen wird, erhält Nachwuchsspieler Panagiotis Triadis einen Profivertrag für die nächste Saison. Im Hessenpokal-Halbfinale gegen Jügesheim ließ er sein Können schon mal bei den Profis aufblitzen – vielleicht bekommt er am Dienstag schon wieder die Gelegenheit dazu.