2. Bundesliga, 25. Spieltag: VfL Osnabrück – SVWW 2:6
Tore: Girth (3.), Heyer (45.+2) – Schäffler (5., 26., 45.), Dittgen (7.), Aigner (15.), Kyereh (90.+1)
Das Spiel in maximal fünf Worten: Tiefer Platz lässt Knoten platzen.
Das Spiel in etwas mehr als fünf Worten:
Rüdiger Rehm vertraute der bekannten Startelf der letzten Wochen, aber das Spiel begann so, wie man es genau nicht haben möchte, nämlich mit einem frühen Gegentor. Alvarez hatte nach einem Schmidt-Freistoß die Latte getroffen und Girth verwandelte den Abpraller zum 1:0 für die Gastgeber. Als Statistik-Kenner war man schon geneigt, alle Hoffnung fahren zu lassen, denn nach einem Rückstand konnte der SVWW in dieser Saison noch kein Spiel gewinnen, aber bevor man diesen trüben Gedanken zu Ende gedacht hatte, stand es auch schon 1:1. Aigner eroberte den Ball und Schäffler war zur Stelle (siehe Szene des Spiels). Nur zwei Minuten später war das Ergebnis schon komplett gedreht, als Schäffler steil geschickt wurde und dieser auf Dittgen quer legte. Kurz darauf gab es durch Schwede und Schäffler gar die Chance aufs 3:1, aber man brauchte sich nicht lange grämen, denn Aigner profitierte davon, dass sein Gegenspieler auf dem schlammigen Untergrund wegrutschte, und traf nach Dittgens Flanke mit einem lehrbuchmäßigem Kopfball ins Tor. Zehn Minuten später rutschte wieder ein Osnabrücker aus, Aigner bedankte sich und bediente Schäffler, der auf 4:1 stellte. Wehens Torjäger war es auch, der kurz vor der Pause das 5:1 erzielte, als der Torwart einen wuchtigen Kyereh-Schuss nur prallen lassen konnte. Aber damit war diese verrückte Halbzeit noch nicht zu Ende. Erst traf Heyer zum 2:5 aus Osnabrücker Sicht, dann verfehlte Alvarez nur haarscharf das 3:5. Mit einer Drei-Tore-Führung ging es in die Pause und jeder, der sich an das Spiel in Bochum erinnert, vermied es, zu früh vom Sieg zu träumen. Die zweite Halbzeit war dann aber nicht mehr so spektakulär wie die erste. Der VfL bemühte sich, während der SVWW sich darauf konzentrierte, hinten möglichst wenig zuzulassen. Dass die Bälle meistens einfach rausgeschlagen wurden, war angesichts der schwierigen Platzverhältnisse völlig angemessen. Zwischendurch entschied der Schiedsrichter nach einem vermeintlichen Foul an Kyereh auf Strafstoß für Wehen, nahm diesen nach Überprüfung durch den Videoassistenten jedoch zurück – der Osnabrücker war doch zuerst am Ball. In der Schlussminute lief Schwede alleine auf den Torwart zu, überlupfte diesen und traf die Latte, aber Kyereh traf im Nachschuss zum 6:2-Endstand. Ein perfekter Abschluss für ein spektakuläres Spiel, das sich einen Platz in einer zukünftigen erweiterten Neuauflage von 111 Gründe… verdient hat.
Liebling des Spiels: Manuel Schäffler. Hatte in der Rückrunde noch nicht getroffen und war damit quasi das Sinnbild der Wehener Torflaute, die eindrucksvoll beendet wurde. Sein erster Hattrick in der 2. Bundesliga, dazu seine erste Vorlage in dieser Saison.
Szene des Spiels: 5. Minute, die SVWW-Angreifer pressen früh und erzwingen so einen Fehlpass, den Aigner aufsammelt. Seine Hereingabe wird abgefälscht, ein VfL-Verteidiger will den Ball herausschlagen, trifft aber Schäfflers Fuß, den dieser clever in die Schussbahn hält, der Ball landet perfekt zwischen Torwart und Pfosten. In dieser Szene war, trotz des Nackenschlags durch den frühen Rückstand und genau wie im Vorfeld angekündigt, der pure Willen zu spüren, den Ball endlich mal wieder ins gegnerische Tor zu bekommen, egal wie.
Vor dem Spiel: War ich einigermaßen optimistisch, schließlich war Osnabrück zuletzt nicht gut in Form und generell hat Wehen mit dem VfL schon öfter gute Erfahrungen gemacht. Andererseits war der Druck, endlich mal wieder gewinnen zu müssen, enorm.
Nach dem Spiel: Strahlende Gesichter und ungläubiges Kopfschütteln.
Das fiel auf:
+ Die zuletzt gescholtene Offensivreihe meldete sich auf großartige Weise zurück. Nicht nur Schäffler, sondern auch seine Nebenleute Kyereh, Dittgen und Aigner trafen allesamt nicht nur selbst, sondern bereiteten auch jeweils mindestens ein Tor vor.
+ Der Platz war nach viel Regen sehr tief und rutschig und vermutlich knapp an der Grenze zur Unbespielbarkeit, womit aber der SVWW deutlich besser zurecht kam (der zuletzt so starke Chato allerdings eher nicht so).
– Hinten hatte man insbesondere bei Freistößen große Mühe und benötigte ein paarmal auch Glück, dass man nicht mehr als die zwei Gegentore hinnehmen musste.
Das schreiben die anderen: WK, kicker, hessenschau, DAZN (Video)
Zuschauer: 15.469, davon knapp 100 Gästefans.
Tabelle: Der SVWW schiebt sich wieder am Karlsruher SC vorbei auf den Relegationsplatz. Der Vorsprung auf den KSC und Dynamo Dresden beträgt einen Punkt, der Rückstand zum VfL Bochum auf Platz 15 drei Punkte.
Serien und Rekorde: Das erste Mal in der Zweitliga-Historie, dass der SVWW sechs Tore in einem Spiel erzielt. Der höchste Zweitligasieg (gemeinsam mit dem 5:1 gegen Jena 2007). Der erste Hattrick eines Wehener Spielers in der 2. Bundesliga seit Ronny König gegen Köln 2007. Erstmals in dieser Saison nach Rückstand noch gewonnen.
Ansonsten: Nicht nur ein guter Tag für den SVWW und seine Fans, sondern auch für die Saisonspende.
Nächstes Spiel: Am kommenden Sonntag (13:30 Uhr) zuhause gegen den VfB Stuttgart. Das Stadion ist ausverkauft – jetzt bleibt nur zu hoffen, dass das Spiel nicht vor leeren Rängen ausgetragen werden muss, Stichwort Corona.