Die Wehenschau (KW 22/2023)
Die Saison geht für den SV Wehen Wiesbaden in die Verlängerung, nach 2019 ist zum zweiten Mal Relegation angesagt. Am Samstag nach dem Schlusspfiff wähnten wir uns kurz als Aufsteiger, um dann ein paar Minuten später als voreilige Trottel dazustehen – schönen Dank nochmal an Sicherheits- oder Stadionsprecher oder wer auch immer das verbockt hat. Die „Rückversetzung“ auf den Relegationsplatz fühlte sich dadurch erst mal ziemlich frustrierend an, aber mit etwas Abstand muss man festhalten, dass das immer noch ein sehr gutes Saisonergebnis ist – zumal bis zum Schlusspfiff die reelle Gefahr bestand, noch bis auf Platz 6 zurückzufallen. So hat der SVWW nicht nur die Qualifikation für den DFB-Pokal sicher, sondern auch weiterhin die Chance, in zwei Relegationsspielen gegen Arminia Bielefeld den Aufstieg in die 2. Bundesliga zu schaffen.
Üblicherweise ist der Zweitligist in diesen Aufeinandertreffen der Favorit, aber sowohl die Statistik als auch die Erfahrungen beider Vereine sprechen dagegen. Während sich der SVWW 2019 gegen Ingolstadt durchsetzte, zog Bielefeld 2014 gegen Darmstadt den kürzeren – beide Male half dem Drittligisten die Auswärtstorregel, die aber mittlerweile abgeschafft wurde. Arminias Trainer Uwe Koschinat versucht daher auch die Favoritenrolle beiseite zu schieben und seiner Mannschaft zu vermitteln, dass sie etwas zu gewinnen hat. Die enttäuschten Fans hat man schon etwas besänftigt, indem nicht nur für das Heimspiel auf der Bielefelder Alm die Dauerkarten gelten, sondern die Mannschaft übernimmt obendrein die Kosten für die Gästetickets in der Brita-Arena.
Beim SVWW wird das hingegen etwas anders gehandhabt, denn die Dauerkarten gelten nicht. Man hatte zwar ein Vorkaufsrecht auf seinen Platz (sowie zehn weitere), aber diese bitteschön zu den regulären Preisen. Gleichzeitig werden in Taunusstein hunderte von Karten verschenkt – so ein bisschen verschaukelt kann man sich da als treudoofer Dauerkartenkunde wohl schon fühlen. Andererseits übernimmt der Verein die Kosten für die Busse zum Auswärtsspiel. Irgendwie wirkt die ganze Strategie zum Thema „neue Fans gewinnen ohne gleichzeitig die vorhandenen zu verprellen“ weiterhin etwas unausgegoren. Das sollten wir nach der Saison gemeinsam mit den Vereinsverantwortlichen mal aufarbeiten, aber jetzt gilt natürlich voller Fokus auf das Heimspiel am Freitagabend. Die Brita-Arena wird richtig voll und möglicherweise erstmals seit dem Neubau der Westttribüne bei voller Kapazität ausverkauft. Die Fanszene ruft weiterhin das Motto „Alle in rot“ aus, also rotes Trikot, Shirt, Hoodie an und früh da sein!
Über die letzte Partie gegen Halle und die nun anstehenden Relegationsspiele haben wir uns auch in der aktuellen „Niemals Erste Liga“-Folge unterhalten. Hört doch gerne mal rein.
Momentan ebenfalls nachrangig sind Fragen zum Kader der nächsten Saison, werden doch einige Personalien zweifellos davon abhängen, in welcher Liga man nach der Sommerpause antritt. Dass Benedict Hollerbach nicht mehr 3. Liga spielen wird, ist schon länger bekannt, aber auch Ivan Prtajin oder Brooklyn Ezeh haben das Interesse anderer Vereine auf sich gezogen und würden wahrscheinlich im Nicht-Aufstiegsfall gehen – allerdings aufgrund noch laufender Verträge nur gegen entsprechende Ablösesummen.
In der nächsten Saison nicht mehr spielen (zumindest nicht als Profi) wird hingegen Dennis Kempe, der sein Karriereende verkündet hat. Kommt jetzt nicht wirklich überraschend, schließlich wird er demnächst 37 und hatte in dieser Spielzeit nur noch sieben Einsätze in der Liga, aber im Mannschaftsgefüge wird er dennoch eine große Lücke hinterlassen. Vielleicht sehen wir ihn ja irgendwann in anderer Funktion beim SVWW wieder. Wir wünschen jedenfalls von dieser Stelle alles Gute für die Zukunft!
Zum Abschluss noch ein Interview mit Sascha Mockenhaupt, der bekanntlich schon 2019 dabei war.
Was, wann, wo: Relegation, Hinspiel, Freitag, 2. Juni, 20:45 Uhr, zuhause gegen Arminia Bielefeld
Der Gegner: Arminia Bielefeld kennt sich mit Auf- und Abstiegen aus und hat sich schon vor vielen Jahren den Ruf einer Fahrstuhlmannschaft erworben. Nachdem man letzte Saison aus der ersten Liga abgestiegen war, verbrachte man die Saison 2022/23 auch in der 2. Bundesliga fast durchgehend im Tabellenkeller. In der Rückrunde konnte man sich unter Uwe Koschinat, dem dritten Trainer in dieser Spielzeit, zwar einige Zeit über dem Strich halten, stand nun aber seit fünf Spieltagen auf dem Relegationsplatz und konnte auch die Chance auf Platz 15 am letzten Spieltag nicht nutzen – in Magdeburg ging man 0:4 unter. Mit 62 Gegentoren hat Arminia die zweitmeisten der Liga hinnehmen müssen, während 50 selbst erzielte Tore eigentlich für eine deutlich bessere Platzierung reichen sollten. Bester Torschütze mit 10 Treffern ist Mittelfeldspieler Robin Hack.
Der Direktvergleich: Von bisher acht Begegnungen (sechs in der 3. Liga, zwei in der 2. Bundesliga) konnte der SVWW nur die allererste im Jahr 2011 gewinnen, es folgten drei Unentschieden und vier Niederlagen.
Personelles: Carstens ist nach Gelbsperre wieder spielberechtigt, Reinthaler muss nach seinem Platzverweis in Elversberg noch einmal aussetzen. Kauczinski darf auch wieder an die Seitenlinie. Ezeh wurde gegen Halle eingewechselt und ist hoffentlich wieder fit für die Startelf. Für Goppel und Brumme könnten die Relegationsspiele nochmal die Chance sein, ein paar Minuten in dieser Saison zu spielen. Zumindest haben sie wieder trainiert, mal schauen, ob sie es in den Kader schaffen.
Aufstellungstipp: Stritzel – Fechner, Gürleyen, Carstens – Mockenhaupt, Jacobsen, Heußer, Ezeh – Wurtz – Hollerbach, Prtajin
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, das Rückspiel in Bielefeld findet am Dienstag statt.
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