Die Wehenschau (KW 6/2024)
Der SV Wehen Wiesbaden ist weiterhin auf einem guten Kurs, sich für eine weitere Saison in der 2. Bundesliga zu qualifizieren. Seit Einführung der 3-Punkte-Regel – und das ist schon 28 Jahre her – ist noch keine Mannschaft aus der 2. Bundesliga abgestiegen, die nach 20 Spieltagen (exakt) 26 Punkte vorweisen konnte. Andererseits hatten die Würzburger Kickers in der Saison 2016/17 nach 20 Spielen sogar schon 28 Punkte und sind am Ende mit 34 Punkten abgestiegen. Und auch die Freak-Saison 2017/18, als Eintracht Braunschweig mit 39 Punkten abstieg und Erzgebirge Aue mit 40 Punkten in die Relegation musste, sollte Warnung genug sein, dass man sich nicht vorzeitig zu sicher sein sollte. Auch wenn in der Regel deutlich weniger als 40 Punkte zum Klassenerhalt ausreichen, sollte der SVWW also weiterhin diese Marke anstreben.
Wo wir gerade schon bei Statistiken sind: In der ewigen Tabelle der 2. Bundesliga verbessert sich der SVWW beinahe mit jedem Sieg. Vor der Saison stand man in diesem Ranking auf Platz 96 und hat sich mittlerweile mit 131 Punkten auf Platz 91 vorgearbeitet. Zuletzt zog man am KSV Baunatal vorbei, der in den 70er Jahren drei Saisons in der 2. Bundesliga spielte, und zuvor schon an RB Leipzig, die freilich nur zwei Jahre für ihre 118 Punkte benötigten. Das nächste prominente Ziel ist Borussia Dortmund, die mit 137 Punkten auf Platz 89 rangieren und hoffentlich in ein paar Wochen vom SVWW überholt werden. Von aktuellen Erstligisten abgesehen ist es aber ganz spannend, auf welche Vereine man da so beim Stöbern trifft. Zum Beispiel Wacker 04 Berlin: 1974 Gründungsmitglied der 2. Bundesliga (damals in zwei Staffeln), insgesamt vier Jahre Zweitligist, 1994 nach Konkurs aufgelöst. Oder Rot-Weiß Lüdenscheid, mittlerweile in der achtklassigen Bezirksliga Westfalen angekommen. Oder Röchling Völklingen, ebenfalls Gründungsmitglied, hatte zwischenzeitlich seine Herrenmannschaft abgemeldet und tritt nun in der Kreisliga A an. Usw. usf. – eine schöner Zeitvertreib, in der Wikipedia die ganzen Namen nachzulesen.
Kommen wir zurück zum aktuellen Geschehen. Auch diese Woche ist der SVWW in der Elf des Tages beim kicker vertreten, erstmals in Person von Nick Bätzner. Nachdem er im Spiel zuvor gegen Hertha erstmals eine Torvorlage zu verzeichnen hatte, hat es in Karlsruhe auch mit seinem ersten Tor geklappt. Kurioserweise durch einen irgendwie ins Tor gedrückten Ball, nachdem Prtajins Abstauber an den Pfosten ging. Vorher hatte Bätzner ja schon einige gute Chancen, die er aber allesamt übers Tor setzte – eigentlich muss er davon mindestens eine verwandeln. In dieser Hinsicht erinnert er mich ein bisschen an Benedict Hollerbach in seinen ersten beiden Saisons, denn der hatte auch teilweise etwas wilde Abschlüsse. In der Aufstiegssaison hat sich seine Abschlussqualität dann extrem erhöht – und das erhoffen wir uns von Nick Bätzner natürlich auch, idealerweise nicht erst in seiner dritten Saison. Weitere kleine Parallele: auch Bätzner erscheint mir noch ein bisschen zu „schmal“ und sollte vielleicht ein bisschen Muskelmasse zulegen, so wie Hollerbach vor der letzten Saison. (Dessen Alpha-Male-Gehabe braucht es aber nicht unbedingt.)
Wie lange Bätzner noch beim SVWW bleibt, weiß man nicht, aber zumindest dürfte sein Vertrag auch in der nächsten Saison Gültigkeit haben. Schließlich kam er erst im letzten Sommer und man hat wohl auch eine Ablöse bezahlt, sodass man davon ausgehen kann, dass er für zwei oder sogar drei Jahre verpflichtet wurde. Angaben zur Vertragslaufzeit macht der Verein ja seit einiger Zeit nicht mehr, warum auch immer. Bei Spielern, die schon etwas länger dabei sind, ist das hingegen bekannt, und so könnte man langsam mal darauf hoffen, dass in Kürze die eine oder andere Vertragsverlängerung verkündet wird.
In erster Linie denke ich da an Florian Stritzel und Robin Heußer, die beiden Spieler mit den meisten Einsatzminuten und die als einzige in jedem Spiel in der Startelf standen. Gute Leistungen ziehen natürlich das Interesse anderer Vereine an, das ist normal, wobei ich zumindest im Fall von Stritzel guter Hoffnung bin, dass er uns erhalten bleibt. Er ist gerade 30 geworden und mit seiner Familie in Darmstadt sesshaft, sodass er wahrscheinlich nicht abgeneigt ist, weiterhin im Rhein-Main-Gebiet zu bleiben. Die Zahl der Vereine, bei denen er sich finanziell deutlich verbessern würde und gleichzeitig die klare Nummer eins im Tor wäre, ist vermutlich überschaubar. Vielleicht will er noch abwarten, bis der Klassenerhalt sicher oder zumindest absehbar ist, aber ich bin zuversichtlich.
Bei Heußer bin ich etwas skeptischer, alleine schon deshalb, weil er deutlich jünger ist und somit noch mehr Entwicklungspotential hat. Sein persönlicher Aufstieg in den letzten Jahren ging von der Regionalliga über die 3. Liga in die 2. Bundesliga und wer weiß, vielleicht geht es sogar noch in die höchste Etage. Vorstellbar ist es jedenfalls, dass ihn auch der eine oder andere Erstligist auf dem Zettel hat – dass ich mich umso mehr freuen würde, sollte er beim SVWW bleiben, steht natürlich völlig außer Frage.
Interessant wird auch der Verbleib der beiden Leihspieler, Hyun-ju Lee und Lasse Günther. Lee wird wohl kaum zu halten sein, es sei denn, der FC Bayern würde ihn noch gerne ein weiteres Jahr beim SVWW reifen lassen. Günther könnte hingegen so ein Kandidat sein, den man nach der Leihe fest verpflichtet, sollte der FC Augsburg mitspielen. Beides wird sich aber vermutlich erst nach Saisonende klären lassen.
Auch der Vertrag von John Iredale läuft im Sommer aus. Keine Ahnung, wie da die Tendenz bei ihm und beim Verein ist. Beim Asien-Cup konnte er jedenfalls nicht auf sich aufmerksam machen, denn auch im Viertelfinale kam er nicht zum Einsatz (und stand nicht mal im Kader). So konnte er auch nicht verhindern, dass sein Team nach Verlängerung gegen Südkorea ausschied. Immerhin ist er mittlerweile gesund und fit nach Deutschland zurückgekehrt und steht am Freitag wieder im Kader.
Am Freitag werden gegen Nürnberg aktuell etwa 8.500 Zuschauer:innen erwartet, davon 2.500 aus Nürnberg. Vielleicht können wir ja alle noch ein, zwei Leute animieren, die Mannschaft hat unsere Unterstützung auf alle Fälle verdient.
Für das Auswärtsspiel auf Schalke am Samstag in einer Woche sind bisher deutlich mehr als 700 Gästetickets verkauft worden und der Verein bietet die Busfahrt nach Gelsenkirchen zum Schnäppchenpreis von 9,26 Euro an. Es gibt also keinen Grund, dieses Spiel nicht im Stadion anzuschauen und auch auswärts unsere Jungs zu unterstützen.
Was, wann, wo: 2. Bundesliga, 21. Spieltag, Freitag, 9. Februar, 18:30 Uhr, zuhause gegen den 1. FC Nürnberg
Der Gegner: Der 1. FC Nürnberg weist in der bisherigen Saison recht schwankende Ergebnisse auf, Siege und Niederlagen wechseln sich in kurzer Folge ab. Bisher gelang es den „Clubberern“ in der Liga nicht, mehr als zweimal hintereinander zu gewinnen, mit 28 Punkten steht man auf Platz 10. Auch in der Rückrunde setzt sich das unstete Muster bisher fort: seit der Winterpause stehen ein Sieg, eine Niederlage und ein Unentschieden zu Buche. Letzteres musste die Mannschaft von Christian Fiel am vergangenen Wochenende gegen Osnabrück hinnehmen, als das Tabellenschlusslicht in der Nachspielzeit noch den verdienten Ausgleich erzielte. Can Uzun erzielte beim 2:2 beide Nürnberger Tore und ist mit seinen gerade mal 18 Jahren nicht nur der aktuell beste Torjäger des Clubs, sondern auch der zweitjüngste Spieler, dem zehn Zweitligatreffer gelangen. Ahmet Gürleyen kommt bisher auf 14 Einsätze, fand sich zuletzt aber auf der Ersatzbank wieder. Florian Hübner war vor der Winterpause einige Male in der Startelf, fiel aber zum Rückrundenstart verletzt aus. Für ihn wäre es das erste Spiel in der Brita-Arena seit über elf Jahren, damals noch als Kapitän von Borussia Dortmund II.
Das Spiel in der Hinrunde: Eine wilde 1:2-Niederlage, bei der man erst in Überzahl und später in Unterzahl war und bei der man erst führte und dann zurücklag.
Der Direktvergleich geht an Nürnberg, die drei der bisher fünf Begegnungen (alle 2. Bundesliga) gewinnen konnten. Einmal gewann der SVWW, einmal trennte man sich Unentschieden.
Personelles: Carstens musste in Karlsruhe ausgewechselt werden, nachdem er einen Schlag auf den Fuß bekommen hatte, scheint aber wieder zur Verfügung zu stehen, genauso wie alle anderen zuletzt kranke oder angeschlagene Spieler. Ausnahmen sind der noch länger fehlende Bennetts sowie Angha, der zwar wieder trainiert, aber wohl noch eine Woche braucht. Interessant wird vor allem die Besetzung der linken Seite: Günther oder Catic, Lee oder Kovacevic?
Aufstellungstipp: Stritzel – Carstens, Mathisen, Vukotic – Goppel, Jacobsen, Heußer, Günther – Bätzner, Kovacevic – Prtajin
Nach dem Spiel wird der SVWW auf Platz 8 bis 14 stehen.