Die Wehenschau (KW 33/2022)
Der SV Wehen Wiesbaden versucht sich mal wieder an einer Werbekampagne, um mehr Menschen auf den Verein aufmerksam zu machen und idealerweise ins Stadion zu locken. Geschäftsführer Nico Schäfer hatte kürzlich schon angekündigt, dass man dabei provozieren und polarisieren wolle, und das Ziel scheint man schnell erreicht zu haben, aber wahrscheinlich nicht unbedingt so wie erhofft. Aber der Reihe nach. Als Titel wurde „Der beste Zweitverein Deutschlands“ gewählt, womit man dem vermeintlichen Makel, dass der SVWW nur für relativ wenige Fans der „Erstverein“ ist, offensiv gegenübertritt und das ins Gegenteil verkehren will.
Persönlich finde ich das eine ganz witzige Idee und ich bin generell für etwas mehr Selbstironie in vielen Lebenslagen. Aus meiner Erfahrung ist es auch tatsächlich so, dass die allermeisten Fans des SVWW auch ein Herz für einen anderen Verein haben, sei es der FC Bayern (wie u. a. in meinem Fall), die Eintracht, Mainz, Dortmund, Gladbach, Köln, HSV oder was auch immer. Bei wem das dann eher der Erst- oder der Zweitverein ist, sei mal dahingestellt. Damit könnte man es bewenden lassen, aber offenbar fühlen sich Teile der Fanszene durch die Kampagne lächerlich gemacht. Kann man natürlich auch verstehen, denn es gibt doch einige, die sich seit langer Zeit mit großer Leidenschaft für den SVWW engagieren und sich nun vor den Kopf gestoßen fühlen. Die Folge werden Proteste bei den Heimspielen sein: kein Support, stattdessen entsprechende Banner in N6. Lustiger fände ich ja, wenn jeder im Trikot eines anderen Vereins käme und Lieder anderer Clubs gesungen würden, aber damit stehe ich vermutlich eher alleine.
Der SVWW scheint es sich also einmal mehr zielsicher mit dem eigenen Anhang (oder zumindest Teilen davon) zu verscherzen und muss danach wieder irgendwie die Wogen glätten. Herzlichen Glückwunsch, der Teil mit dem Polarisieren hat schon mal super funktioniert. Ob sich tatsächlich mal ein paar neue Gesichter ins Stadion verirren und ob die dann auch wiederkommen, wenn sie die Proteststimmung erleben? Nunja, es bleiben Zweifel.
Wie gesagt, ich finde so einen selbstironischen Ansatz eigentlich gut, aber solange beim Verein keiner versteht (oder verstehen will), wie die eigene Fanszene tickt, wird sowas immer zum Scheitern verurteilt sein.
Was, wann, wo: 3. Liga, 5. Spieltag, Samstag, 20. August, 14:00 Uhr, zuhause gegen den VfL Osnabrück
Der Gegner: Der VfL Osnabrück ist mit vier Punkten eher mäßig in die Saison gestartet, zuletzt gab es zwei 0:1-Niederlagen gegen Ingolstadt und Bayreuth. Trotzdem war Trainer Daniel Scherning bei anderen Clubs begehrt oder zumindest bei einem, nämlich Zweitligist Arminia Bielefeld, wohin Scherning gerade gewechselt ist. Das Spiel in Wiesbaden werden die bisherigen Co-Trainer Tim Danneberg und Danilo de Souza verantworten. Üblicherweise ist ein kurzfristiger Trainerwechsel beim Gegner ein Horror für die Spielvorbereitung, aber ich bezweifle, dass innerhalb eines Tages nun eine komplette Veränderung der Spielweise vollzogen werden kann. Ein Wiedersehen gibt es mit Paterson Chato, der nach dem Türkgücü-Aus nun bei den Niedersachsen angeheuert hat.
Die letzten Begegnungen: Letzte Saison gewann der SVWW in Osnabrück mit 1:0 und spielte in der Rückrunde zuhause 0:0.
Der Direktvergleich spricht mit 11-5-6 für den SVWW. Zuhause gab es nur eine einzige Niederlage (0:1 in der Abstiegssaison 2008/09).
Personelles: Neuzugang Ivan Prtajin wird vermutlich erstmals im Kader stehen, ich tippe auf eine Einwechslung in der Schlussviertelstunde. (Übrigens beeilte man sich zu betonen, dass die Entscheidung für den SVWW nur aufgrund der besseren sportlichen Perspektiven fiel.) Robin Heußer wurde nach seinem Platzverweis für zwei Spiele gesperrt, weiterhin fehlen Kempe und Bauer. Froese hat sich zuletzt für die Startelf empfohlen, aber wen dafür rausnehmen?
Aufstellungstipp: Stritzel – Mrowca, Carstens, Gürleyen – Goppel, Jacobsen, Taffertshofer, Ezeh – Wurtz, Hollerbach – Iredale
Nach dem Spiel wird der SVWW auf Platz 2 bis 12 stehen.
Ehemalige: Gustaf Nilsson konnte für seinen neuen Verein Saint-Gilloise noch nicht spielen, nachdem er sich im ersten Training verletzt hat. So musste er auch tatenlos zusehen, wie seine Teamkollegen nach dem 2:0 im Hinspiel bei den Glasgow Rangers mit 0:3 verloren und somit aus der Champions-League-Qualifikation ausgeschieden sind.
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